Hattingen. In Hattingen wird die Innenstadt langsam wieder von Kunden belebt, die größtenteils mit Termin shoppen können. Ihnen fehlt aber die Gastronomie.
„Es ist einfach nur großartig, man weiß wieder, dass man lebt.“ Nina aus Sprockhövel hat ihre Arbeit in Hattingen gerade beendet und genießt, es endlich wieder durch geöffnete Geschäfte zu bummeln. Was man in Coronazeiten so bummeln nennt. Denn in jedem Geschäft muss man entweder einen Termin haben oder mit Registrierung in den Innenraum gebeten werden. Gefühlt ist die Stadt rappelvoll, wenn es auch kein Vergleich ist zu Vor-Coronazeiten.
Kunden: „Die Lebensfreude kehrt zurück“
Nina war seit Montag, als viele Geschäfte wieder öffnen durften, in vielen Läden in Sprockhövel und Hattingen. „Ich war im Spielzeuggeschäft, in Blumen- und Klamottenläden“, erzählt sie strahlend. Das kann man an ihren Augen sehen, auch wenn Mund und Nase mit einer Maske bedeckt sind. Jetzt steht sie in der Buchhandlung „Lebenswert“ in der Großen Weilstraße 13 und wartet, bis Inhaber Robin Müller die Kundin vor ihr bedient hat.
Auch Alex ist begeistert, er kann in einer kleinen Arbeitspause endlich wieder mit einem Menschen in einem Geschäft sprechen. „Das macht richtig Spaß, irgendwo hinzugehen und die angebotenen Sachen anfassen zu können“, sagt er erleichtert. „Die Lebensfreude kehrt zurück.“
Terminvereinbarung und Kundenerfassung
„Viele wissen gar nicht, dass sie seit Montag ohne Anmeldung in Buchhandlungen gehen dürfen“, stellt Robin Müller fest. Diejenigen, die kommen, freuen sich allerdings, wieder stöbern zu können. Ganz vorne auf der Wunschliste stehen Reisebücher mit vielen Bildern. „Viele reisen im Kopf schon in andere Länder“, weiß Müller. „Bücher fürs Herz, Koch und Backbücher gehen zurzeit ausgesprochen gut.“
Peter Blome, Inhaber von Schuhhaus Heller hat das Geschäftsmodell in Coronazeiten „Click & Meet“ gleich umgesetzt und ein Infoblatt mit QR-Code an der Eingangstüre hängen. „Damit kann man sofort einen Termin vereinbaren und im Geschäft shoppen“, sagt er. „Kunden bekommen aber auch Zutritt, wenn genügend Platz im Geschäft ist. Ein Muss ist natürlich in jedem Fall die Kundenerfassung mit den persönlichen Daten.“
„Es geht jetzt ganz klar Richtung Frühling“
An Wintermode, die noch begrenzt angeboten wird, hätten die Kunden weniger Spaß. „Es geht jetzt ganz klar Richtung Frühling“, weiß der Inhaber, der seit gut 15 Jahren Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes ist. Er hat seit Montag seine Verkäuferinnen wieder aus der Kurzarbeit geholt, so dass sie mit Rat und Tat den Kunden zur Verfügung stehen.
Bequeme und bunte Frühjahrsmode liegt in den Regalen, federleichte Sportschuhe, in denen man gut laufen kann, warten auf Kundinnen. „Termine kann man auch online vereinbaren oder am Telefon“, erklärt Peter Blome. Das Schild im Fenster weist auch darauf hin, dass ein „Sofort-Termin jederzeit möglich“ ist.
Händlern und Kunden fehlt die Gastronomie
Anni aus Holthausen hat sich trotz des regnerischen Wetters aufgemacht, um den Hund auszuführen, andererseits erfüllt sie sich aber endlich wieder einen großen Wunsch. „Ich hab mir gerade die Fingernägel hier im Studio machen lassen“, sagt sie und zeigt fröhlich ihre frisch gefeilten und lackierten Nägel. Monate habe sie auf den Moment gewartet.
„Es ist so schön, ein Geschäft betreten zu dürfen“, sagt sie. „Das ist doch was für die Seele.“ Sie ärgert sich aber, dass es nur „Auserlesene“ sein dürfen. „Warum öffnet man nicht zumindest die Außenbereiche der Gastronomie. Ich würde mich doch jederzeit draußen hinsetzen und endlich mal wieder ein leckeres Essen genießen.“
Auch Margarete Lakwa, die mit Hund Bommel in der Stadt ist, ist glücklich. „Ich bin gerade in der Boutique Julia fündig geworden. Ich hab’ eine Hose und eine Bluse bekauft und bin so froh, dass man wieder ins Geschäft gehen kann.“ Detlef Fries, Inhaber der Boutique, bestätigt die Meinung. „Die Kundinnen sind heilfroh, wieder vor Ort einkaufen zu können. Aber uns fehlt die Gastromie“, sagt er. Beide Bereiche brauchten einander.
Verwirrung über Öffnungsregeln im Handel
Die neuen, mal wieder veränderten Coronaregeln, verwirren die Menschen. „Keiner weiß mehr so richtig, welche Regeln für wen und wann gelten“, sagen nicht nur die Geschäftsinhaber. Auch die Kunden sind mittlerweile hoffnungslos überfordert. Es sind die unterschiedlichen Zahlen und Anforderungen. Wie viele Kunden sich, bei wie viel Quadratmetern, zur gleichen Zeit in welchem Geschäft aufhalten dürfen, es verwirrt heftig. „Ein Kunde pro zehn Quadratmetern, beziehungsweise 20 im Einzelhandel. Aber beim Terminshopping müssen es wieder 40 Quadratmeter sein“, das versteht keiner mehr“, sagt der Vorsitzende des Hattinger Einzelhandelsverbandes.