Hattingen. Die Lager in den Kleiderkammern in Hattingen quellen über. Nur beim DRK werden Eingänge und Ausgänge der Stücke noch täglich organisiert.
Geschlossen, geöffnet, geschlossen. So geht es seit dem Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 nicht nur vielen Einzelhändlern. Auch die Kleiderkammern sind ein Spiegelbild der politischen Anordnungen im Land.
Nur auf vorherige telefonische Anfrage können sich Menschen in großer Not Kleidung und Schuhe in den Kammern aussuchen. Ansonsten ist die Lage so, dass die Lager zurzeit überquellen.
"Im Grunde wissen wir nicht mehr, wohin damit“
„Jetzt während der Pandemie haben alle Leute Zeit, ihre Sachen auszusortieren. Im Grunde wissen wir nicht mehr, wohin damit“, erklärt DRK-Geschäftsführer Andreas Hahn (46). Und auch Martin Rösner Vorstandsmitglied des Kinderschutzbundes, und Dominik Spanke, Geschäftsführer der Caritas Hattingen, winken ab.
„Wir nehmen im Augenblick nichts mehr an. Vor allem wollen wir auch die Mitarbeiterinnen schützen, die ja fast alle auch zur Risikogruppe gehören“, sagen Rösner und Spanke. Wann wieder geöffnet werden kann, steht zurzeit in den Sternen.
Lediglich beim DRK organisiert Andreas Hahn jeden Tag die Ein- und Ausgänge der Kleiderspenden. „Es gibt vieles, was sich seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 für unsere Kleiderkammer geändert hat“, sagt er.
Verwertungsunternehmen zahlen nach Kilo- oder Tonnenpreis
Immer noch werden sehr viele Sachen abgegeben, aber nur selten darf etwas abgeholt werden, weil ja geschlossen ist. Normalerweise kommen die fleißigen, ehrenamtlichen Damen montags, mittwochs und freitags zur Kleiderkammer, um die Spenden zu sortieren. Aber zu deren eigener Sicherheit sollen sie besser zu Hause bleiben.
Beim DRK wird es so gehandhabt, dass die richtig guten Sachen, die meistens persönlich abgegeben werden, problemlos wieder ausgegeben werden können. „Dann gibt es Stücke, die nicht mehr so toll aussehen oder hier Ladenhüter sind. Wenn die niemand haben möchte, geben wir sie an ein Verwertungsunternehmen, das die Kleidung nach Osteuropa liefert. Dort tauchen sie dann in Second-Hand-Läden wieder auf“, sagt Andreas Hahn.
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Die dritte Kategorie von Kleidung kann oft kaum noch als solche bezeichnet werden. Denn da fehlten einem manchmal die Worte, sagt der DRK-Geschäftsführer. „Es sind Lumpen, die man niemandem mehr anbieten kann.“
Die holt das Verwertungsunternehmen dann ab, es wird nach Kilo- oder Tonnenpreis bezahlt. Kleidung, die nicht mehr benutzt werden kann, bekommt dann eine ganz andere Bestimmung. „Daraus wird zum Beispiel Kunstrasen oder die Innenausstattung von Autos hergestellt.“
Der Absatzmarkt ist zusammengebrochen
Die Corona-Pandemie hat noch ganz andere Folgen. „Der Absatzmarkt ist quasi zusammengebrochen“, sagt der DRK-Geschäftsführer. Denn wenn überall in der Welt kaum noch preiswerte Kleiderläden geöffnet hätten, sei der Kreislauf natürlich unterbrochen.
Das hat logischerweise auch Auswirkungen auf die Preise. Der zweite Punkt, warum weniger Geld eingenommen wird, sei die zum Teil schlechte Qualität der Kleidung.
„Unsere Kunden legen Wert auf gute Qualität"
„Die Billigketten liefern Stoffe, die kaum noch mehrere Wäschen überstehen.“ Das sei ein Kauf- und Wegschmeiß-Geschäft geworden. „Unsere Kunden legen aber Wert auf gute Qualität, weil sie die Kleidung lange Zeit benutzen“, erklärt Andreas Hahn.
Da habe sich in den vergangenen Jahren viel geändert. Hinzu komme, dass gerade an Silvester immer wieder Böller in Kleidercontainer geworfen werden, die dann Feuer fangen und ausbrennen. „So auch jetzt wieder. Da wird dann Ware zerstört, die meist tadellos ist.“
>>> Info: Gut erhaltene Kleidung für kleines Geld
Die Kunden von Kleiderkammern kommen aus allen Schichten. Viele sind froh, dass sie gut erhaltene Kleidung für kleines Geld bekommen. „Wir haben hier eine Zirkusfamilie, die bei uns immer für das gesamte Personal einkauft“, freut sich DRK-Geschäftsführer Andreas Hahn.
Auch Mitarbeiter des Krankenhauses riefen öfter an, wenn jemand entlassen wird, der verletzt war und keine Kleidung mehr hat. „Dann komm eine Mitarbeiterin, die passgenau für einen Patienten Kleidung besorgt, damit er nach der Entlassung wieder gut versorgt ist.“
Wer dringend Kleidung benötigt, kann zu den normalen Geschäftszeiten des DRK unter 02324/201111 in der Talstraße 22 anrufen und einen Termin vereinbaren.
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