Hattingen. Seit mehr als 30 Jahren bestimmt Hattingens Historie das (Arbeits-)Leben von Robert Laube. Sein Weg vom Praktikanten zum Museumsleiter.

Wir schreiben den 19. Februar 1987, an dem das Aus für die Henrichshütte verkündet wird. Es ist der 18. Dezember 1987, an dem zum letzten Mal heißes Eisen aus dem ächzenden Hochofen fließt. Es ist der finale Vorhang für 133 Jahre Hüttengeschichte in Hattingen. Seitdem ist viel passiert: Der Gewerbe- und Landschaftspark ist entstanden, parallel hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) einen kleinen Teil des alten Eisens zum Industriemuseum umgestaltet. Robert Laube ist der Leiter, er bewahrt das Hütten-Erbe.

Im Jahr 1987 kommt Laube zum ersten Mal nach Hattingen

Die Anfangstage: Christian Kleinschmidt und Robert Laube.
Die Anfangstage: Christian Kleinschmidt und Robert Laube. © Archiv | WaZ


„Wenn Sie Geschichte vermitteln wollen, müssen Sie selber Geschichte erleben. Fahren Sie nach Hattingen, da geschieht gerade Geschichte“, sagt Dozent Bernd Zymek an der Ruhr-Uni zu seinen Studenten. Es ist 1987, und Robert Laube, gerade 27, studiert Geschichte, Biologie und Pädagogik auf Lehramt. Es sind die Tage, an denen der gebürtige Dortmunder zum ersten Mal nach Hattingen kommt.

„Ich habe schnell gemerkt, dass das Sozialverhalten der Hattinger anders ist als in einer Großstadt“, sagt Robert Laube in einem Gespräch mit der WAZ 25 Jahre nach dem Hütten-Ende. „Und das ist immer noch so – hier bleiben die Menschen stehen und reden miteinander. Sie stehen zueinander. Die Menschenkette damals ist ein ganz entscheidender Punkt in meiner persönlichen Vita.“ Der Widerstand gegen die Stilllegung habe auf die soziale Sprengkraft des wirtschaftlichen Wandels aufmerksam gemacht, meint er.

Praktikum und Volontariat in Hattingen

Laube startet ein Praktikum, wird Volontär (1989/90) und auch wissenschaftlicher Referent beim Landschaftsverband in Hattingen. Er leistet Aufbau-Arbeit am achten Standort eines LWL-Industriemuseums. Das gefällt aber nicht jedem. Er wird beschimpft, teils angefeindet. „So’n Kasperletheater will ich nicht“, ist eine Ansage der freundlichen Art. Oder: „Ich habe hier jahrelang malocht und Du machst da jetzt so’n Museum draus.“

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Er hat aber gemacht – und am 2. September 2000 mit Brimborium, Feuertheater und 1500 Gästen die Eröffnung gefeiert. „Hier wird Industriegeschichte geschrieben“, sagt NRW-Kultusminister Michael Vesper im Rahmes des Festes. Das Museum halte die Geschichte der Hüttenarbeiter auch noch lebendig, wenn es keine Montanindustrie mehr gebe.

Hattingen ist längst Heimat für Robert Laube

Hütten-Erklärer: Robert Laube bei einem Rundgang mit WAZ-Lesern im LWL-Industriemuseum im Oktober 2017.
Hütten-Erklärer: Robert Laube bei einem Rundgang mit WAZ-Lesern im LWL-Industriemuseum im Oktober 2017. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler


Hattingen ist längst Heimat für Robert Laube, der mit seiner Familie von Herne nach Holthausen gezogen ist. Doch Hütte ist nicht alles. Der 60-Jährige ist Freimaurer, er ist Fußball-Fan und als solcher Anhänger von Borussia Dortmund. Er engagiert sich für den TuS Blankenstein: „Wichtig ist, dass die Kinder als Zugezogene das Gefühl haben, zu Hause zu sein. Und da haben wir durch den Fußball viel geschafft.“

„Wir sind als Familie in Hattingen angekommen“, sagt Robert Laube in einen früheren WAZ-Gesapräch. „Wir bereuen nicht, dass wir gekommen sind – die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt.“

Das Jahr 2017 hat er im, am und ums Museum herum noch einmal ganz ins Zeichen des Hüttenkampfs gestellt. 30 Jahre nach dem letzten Abstich im Hochofen gab es so viele Ausstellungen und Veranstaltungen wie nie zuvor zu diesem Thema. „Es ist für mich aber auch ein Abschluss mit diesem Thema“, sagt er. „Auch wenn es für uns immer er­halten bleibt.“

Niemals rückwärtsgewandt, immer vorausschauend

Auch wenn er Historisches bewahrt, ist Robert Laube niemals rückwärtsgewandt, sondern immer vorausschauend. „Der Strukturwandel für Hattingen ist geschafft, das Ende der Schonzeit erreicht. Jetzt müssen wir über die Chancen der Stadt sprechen“, sagt er. Er könne jungen Menschen heute nicht mehr damit kommen, dass es „eine verbotene Stadt gegeben hat“, die den Weg zur Ruhr versperrt habe. „Die kennen das nicht, deshalb müssen wir uns im Hier und Jetzt bewegen. Das bedeutet ja nicht, dass es kein Thema mehr ist.“

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