Hattingen. Der Ennepe-Ruhr-Kreis hat für Heimbewohner im Vorjahr fast zwölf Millionen Euro allein an „Hilfe zur Pflege“ bezahlt. Das sind die Gründe.
Der Ennepe-Ruhr-Kreis hat für Heimbewohner im vergangenen Jahr insgesamt fast zwölf Millionen Euro allein an „Hilfe zur Pflege“ bezahlt. Das ist fast eine Million Euro mehr als noch 2018 und rund zwei Millionen Euro mehr als noch im Jahr 2017. Als einen Grund dafür nennt Sidney Venderbosch, beim Kreis zuständig für den Bereich Soziale Leistungen in Einrichtungen, die jährlich steigenden Heimkosten.
Die Hilfe zur Pflege ist Teil der Sozialhilfe
„Vier bis sieben Prozent“, so Venderbosch, werde ein Heimplatz von Jahr zu Jahr teurer, „das schlägt bei den Hilfen zur Pflege direkt durch“. Die Hilfe zur Pflege ist dabei eine bedarfsorientierte Sozialleistung zur Unterstützung pflegebedürftiger Personen, die die Pflegekosten nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe von Unterhaltspflichtigen decken können. Hilfe zur Pflege ist Teil der Sozialhilfe.
Geld der Pflegekassen allein reicht bei weitem nicht zur Deckung der Heimpflegekosten
Zwar wird für Bewohner von Seniorenheimen von den Pflegekassen ein Teil der Kosten übernommen – monatlich zwischen 770 Euro bei Pflegegrad 2 und 2005 Euro bei Pflegegrad 5. Aber dieses Geld allein reicht bei weitem nicht aus zur Deckung der Heimpflegekosten. Und aus eigenen Mitteln können viele Heimbewohner den Differenzbetrag auch nicht bestreiten.
Heimplätze im Kreis
Stand Dezember 2019 gab es laut Pflegebericht des Ennepe-Ruhr-Kreises im Kreis 3520 Heimplätze, darunter 523 in Hattingen. Wegen der Eröffnung eines vollstationären Seniorenheims in Witten wurde die Zahl im Kreis im ersten Halbjahr um 80 Plätze ausgebaut.
Insgesamt sollen durch Um- und Neubauten kreisweit 4037 Heimplätze entstehen.
Je nach Pflegegrad werden in den Senioreneinrichtungen dabei unterschiedliche Beträge fällig. Preisunterschiede von mehreren hundert Euro sind dabei nicht ungewöhnlich. Das Martin-Luther-Haus etwa ist mit Pflegekosten zwischen 3144 und 4379 Euro – je nachdem, ob und welcher Pflegegrad vorliegt – das günstigste der sechs Hattinger Häuser. Am anderen Ende der Skala liegt das Altenzentrum Heidehof. Zwischen 3603 und 4838 Euro werden hier für die Pflege fällig. Allerdings sind in dieser Einrichtung auch die Investitionskosten (etwa für die Pflegeausstattung oder die Infrastruktur) am höchsten.
Gros der Bürger nennt Pflege im Pflegeheim sehr teuer
Dass auch die Bevölkerung die Kosten der Pflege als ein Problem ansieht, hatte jüngst auch der „Pflegereport für NRW“ der Krankenkasse DAK Gesundheit ergeben. Fast 90 Prozent der Bürger bewerten danach die Pflege im Pflegeheim als sehr teuer. Und laut Klaus Overdieck, dem Leiter der DAK-Landesvertretung in Nordrhein-Westfalen, „verfehlt die vor 25 Jahren eingeführte Pflegeversicherung ihren Gründungsgedanken: die Menschen im Pflegefall vor einem Armutsrisiko zu bewahren“. Er forder daher eine Weiterentwicklung des Systems: „Eine tragbare Finanzierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, das erfordert höhere Steuermittel in der Pflege.“
Sidney Venderbosch sagt, „bei einer gleichbleibenden Situation des Finanzierungssystems der Pflegekosten wird der Kreis in den kommenden Jahren mehr Geld im Bereich der Hilfe zur Pflege aufwenden müssen. Denn angesichts der jährlichen Kostensteigerung bei den Heimplätzen ist es bei gleichzeitig ausbleibender Einkommenssteigerung unausweichlich, dass zukünftig mehr Menschen auf die Unterstützungsleistung der Hilfe zur Pflege angewiesen sind.“