Hattingen. Wegen gefährlicher Körperverletzung standen zwei Männer vor dem Amtsgericht Hattingen. Warum der Prozess nur gegen einen weitergeht.
Wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung mussten sich jetzt zwei junge Männer vor dem Amtsgericht Hattingen verantworten. Die beiden sollen an einem August-Abend 2019 am Leinpfad eine Frau (63) unflätig angemacht und zum Sex aufgefordert, den später herbeigeholten Ehemann, der sie zur Rede stellen wollte, mit einem Stock geschlagen und verletzt haben. So steht es in der Anklage.
Angeklagter sagt: „Ich dachte, der will mich umbringen“
Die Versionen der Angeklagten D. (35) und B. (34) vor Gericht indes klingen anders. Nicht sie hätten den Mann angegriffen, dieser habe vielmehr ihn mit einem großen Stock attackiert, als er mit B. gerade nach Hause gehen wollte, erzählt D. Richter Christian Amann. Die Frau will D. dagegen weder blöd angemacht noch überhaupt gesehen haben. Der Mann habe ihn völlig grundlos angegriffen. „Ich dachte, der will mich umbringen, ich konnte gar nichts tun.“ B. sei zum Glück dazwischen gegangen, da sei der Mann geflüchtet. Auch habe B. einen Krankenwagen und die Polizei gerufen. Ein Arzt bestätigt eine Kopfplatzwunde und eine Schienbeinprellung bei D. am Tattag.
Schuldunfähigkeit und verminderte Schuldfähigkeit
Laut Paragraf 20 des Strafgesetzbuches handelt ohne Schuld, wer bei Begehung der Tat etwa wegen einer krankhaften seelischen Störung oder wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in Paragraf 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe gemildert werden.
B.s Version klingt ähnlich. Und den Grund dafür, dass der Mann auf D. eingeschlagen habe, hätten sie auch erst beim Eintreffen der Polizei erfahren: schwere Beleidigung der Ehefrau.
Die Ehefrau sagt, sie sei angepöbelt worden
Die Art der Beleidigung schildert vor Gericht noch einmal die Ehefrau. Als sie am Tatabend ihre gewohnte Runde mit dem Hund gehen wollte, habe D. sie angepöbelt. Sie habe Angst bekommen und sei umgehend nach Hause gegangen. Wenige Minuten später sei sie dann mit ihrem Mann zurückgekommen. Denn, so Herr E: „Ich finde, dass man solche Menschen zur Rede stellen muss.“
Doch auch er sei von D. sofort beschimpft, zudem bedroht worden. Auf die verbale Auseinandersetzung sei ein Gerangel gefolgt. Unvermittelt habe D. dann plötzlich einen Stock in der Hand gehabt, ihm Verletzungen an Brust, am Kopf und an der Schulter zugefügt. „Ich nehme an, dass da Alkohol oder Drogen im Spiel waren“, sagt Herr E., „der war wie von Sinnen.“ Irgendwann habe er den Stock dann selbst erwischt und seinerseits „den ersten und den letzten Schlag gegen D. gemacht“.
Einen der beiden Angeklagten spricht der Richter frei
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B., sagen E.s dagegen übereinstimmend, habe sich die ganze Zeit am Rand des Geschehens gehalten, weder Beleidigungen ausgesprochen noch zugeschlagen. Ihn sprach Richter Amann denn schließlich auch frei, ermahnte ihn aber, dass er nun als möglicher Zeuge im noch nicht beendeten Verfahren gegen D. befragt werden und auf jeden Fall die Wahrheit sagen müsse. „Wenn Sie angeklagt sind, müssen Sie das nicht.“
Der andere Angeklagte hat eine diagnostizierte paranoide Schizophrenie
Im Falle D.s soll dabei nun ein Sachverständigen-Gutachten klären, ob dieser zur Tatzeit überhaupt schuldfähig war. Denn der 35-Jährige hat eine diagnostizierte paranoide Schizophrenie. Und laut seiner rechtlichen Betreuerin verträgt sich Alkohol nicht mit dem Medikament, das er dagegen einnimmt. Ein Alkoholtest der Polizei am Tatabend ergab bei D. allerdings einen Wert von rund 1,2 Promille.
Wann der Prozess fortgesetzt wird, steht noch nicht fest.