Heiligenhaus. . Wahnvorstellungen sind ein Symptom für die Krankheit. Woran man diese erkennt und wie diese behandelt wird, erklärt Psychiater Dr. Christian Aheimer.

„In meiner Wohnung hatte ich zum Schutz vor der Strahlung, die mir meine Gedanken veränderten, alle Wände mit Alufolie abgeklebt und die Türen mehrfach gesichert. Weil ich aus den Steckdosen abgehört werden konnte, verklebte ich diese und beleuchtete mein Zimmer mit offener Flamme. Im Kopf hatte ich einen Chip implantiert bekommen. Sie wollten mich fernlenken und ich wollte das verhindern.“

Diese Schilderung ist typisch für Menschen mit paranoider Schizophrenie, die häufigste Form der Schizophrenien. Etwa ein Prozent aller Menschen, egal ob Mann oder Frau, reich oder arm, erleiden einmal in ihrem Leben eine schizophrene Episode. Bei einem Drittel bleibt es auch bei einer, ein Drittel bekommen mehrere einzelne Episoden und ein Drittel leiden nach der ersten Episode sogar dauerhaft an Symptomen.

Der Schizophrene kann aus dem Albtraum nicht aufwachen

Die Akutsymptome nennt man auch Positivsymptome. Diese sind Halluzinationen, paranoider Wahn, Gedankenentzug und Gedankeneingebung und das Gefühl von Fremdsteuerung. Negativsymptome sind diejenigen Symptome, die nach den Akutsymptomen übrig bleiben können. Manchmal gehen dem Ausbruch der Schizophrenie aber auch mehrere Jahre diese Negativsymptome voraus.

Hierzu gehören Zurückgezogenheit, Misstrauen, geringere Konzentration und Aufmerksamkeit und Mangel an Motivation, Antrieb und Emotionalität. Die Erkrankung führt bedauerlicherweise bei vielen Betroffenen zu Frühverrentung und deutlich geringerer Teilnahme am sozialen Leben. Zehn Prozent der Betroffenen begehen sogar einen Suizid.

Die Ursache der Erkrankung liegt in einer Fehlsteuerung der Beurteilung der Informationen, die auf uns einströmen. Das, was wir sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken, wird zu schnell mit zu viel Angst und Misstrauen beurteilt. So wie in einem Albtraum. Einen Albtraum erlebt jeder Mensch hin und wieder. Der Schizophrene erlebt ihn während er wach ist und über lange Zeit. Er kann daraus nicht aufwachen.

Diese Fehlsteuerung wird durch einen gestörten Dopaminstoffwechsel im Gehirn bewirkt und ist wahrscheinlich eine angeborene Veranlagung. Durch Stoffe, die in diesem Gehirnbereich wirken, können Schizophreniesymptome ausgelöst werden. Hierzu gehören Parkinsonmedikamente, Kortison, Schilddrüsenhormone, Cannabis, Alkohol und LSD. Das bekannte Delirium tremens im Alkoholentzug ist im Grunde nichts anderes.

Auch Stress kann Auslöser sein

Auch eine sehr hohe Stressbelastung und das absichtliche Geben von unklaren und mehrdeutigen Informationen kann bei einer entsprechenden Veranlagung eine Schizophrenie zum Ausbruch bringen. „Ich habe immer mehr Aufträge aufgebrummt bekommen, dann war alles falsch, was gestern noch richtig war und umgekehrt. Ich habe kaum noch geschlafen und am Ende dachte ich, meine Kollegen beobachten mich und man wartet, dass ich verrückt werde. Dann habe ich plötzlich Stimmen gehört, die mir befahlen, etwas gegen meine Verfolger zu unternehmen.“

Für die Schizophrenien gilt, dass vor allem soziale Konsequenzen zu befürchten sind. Arbeitsplatzverlust, Frühverrentung, Distanzierung von Familie und Freunden und Ehescheidung sind häufig. Daher ist die Behandlung umso wichtiger. Behandelt wird die Schizophrenie vorrangig mit Medikamenten. Sie heißen Neuroleptika und haben ein relativ hohes Risiko für Nebenwirkungen. Dafür, dass die Krankheit allerdings einen so dramatischen Verlauf und so weitreichende soziale Konsequenzen hat, sind die möglichen Nebenwirkungen akzeptabel. Sie regulieren den Dopaminstoffwechsel und bremsen die zu schnelle Informationsverarbeitung.

Richtige Medikamente und Therapien

Doch es kommt nicht nur auf die richtige medikamentöse Behandlung an. Wichtig sind allerdings auch Ergotherapie, Arbeitstherapie und Verhaltenstherapie, in der der Betroffene lernt, seine Gedanken und Tätigkeiten so zu strukturieren, dass Informationsflut und Stress erst gar nicht entstehen.

Außerdem ist eine Aufklärung notwendig, da kaum eine Krankheit mit so viel Schamgefühlen besetzt ist, wie die Schizophrenie. Eine Aufklärung sowohl für den Betroffenen, aber vor allem auch in der Bevölkerung, die damit umzugehen lernen sollte. Aus diesem Grunde verwenden wir in der Psychiatrie und Psychotherapie zum Beispiel immer noch gerne den alten Begriff Psychose. Er geht einfach leichter über die Lippen.

Mit richtiger Behandlung gibt es die jahrelangen Verwahrungen der Schizophrenen in den Nervenheilanstalten, wie man sie noch von früher kennt, zum Glück aber nicht mehr.