Hattingen. Beim Polittalk „Wer kann Bürgermeister?“ standen die fünf Bewerber für Hattingen auf dem Prüfstand. Es gab mehr Respekt als Attacke.
Es war heiß, aber nicht hitzig. Wie die Raumtemperatur in der Gebläsehalle kam am Donnerstagabend auch der politische Schlagabtausch der Bürgermeisterkandidaten daher. Zum ersten Mal trafen die fünf Bewerber um den Chefsessel im Rathaus öffentlich aufeinander. Man ging freundlich miteinander um. Selbst die wenigen Attacken waren von Respekt geprägt.
„Lange Wartezeiten bei städtischen Dienstleistungen verhindert man, indem man den Ermessensspielraum der Entscheidungsträger erhöht. Das muss aber von ganz oben kommen“, forderte Kämmerer Frank Mielke den amtierenden Bürgermeister Dirk Glaser heraus.
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„Besser noch vom gesamten Stadtvorstand, in dem der Kämmerer ja auch sitzt“, konterte Glaser. „Ich bin da eher ein Teamplayer.“
Arbeitsplätze statt Eisenmänner
Das war’s dann auch schon mit den persönlichen Konfrontationen. Sachthemen bestimmten die Gesprächsrunde. Die Moderatorinnen Katja Leistenschneider, Johanna Finkeldey und Linda Karaus hatten den Abend gut im Griff. Veranstalter waren das Jugendparlament, die städtische Koordinierungsstelle für Integration und Flüchtlingsangelegenheiten, die VHS und der Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe. 90 Besucher saßen weit verteilt in der großen Halle und konnten Fragen stellen.
Authentisch präsentierten sich die beiden Außenseiter der Runde. Der parteilose Unternehmer Thomas Bausch (62) erklärt seine Kandidatur mit dem Unmut über lange Wartezeiten bei den Baugenehmigungen. Arbeitslosen müsse man nicht nur Geld, sondern auch eine Perspektive geben, fordert der Bürgermeisterkandidat: „Wir brauchen Arbeitsplätze und keine acht weiteren Eisenmänner.“
Klimawandel stärker verankern
Christian Siever ist ebenfalls parteilos, wird aber von der Partei „Die Partei“ unterstützt, die auch für den Rat kandidiert. „Ich will meinen Wahlbezirk gewinnen“, macht der 23-Jährige klar. „Und mich dann für Alte, Junge und vor allem für Familien einsetzen.“ Der Stadt wirft Siever vor, Zuschüsse von Land, Bund und EU von bis zu zehn Millionen Euro jährlich nicht abzurufen.
Frank Staacken (65) will den Klimawandel stärker in allen Bereichen der Verwaltungsarbeit verankern. Der Fraktionschef der Grünen sieht in dem guten Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl „einen klaren Wählerauftrag, auch kommunal stärker in die Führungsarbeit zu drängen“. Staacken wünscht sich eine neue Gebäudepolitik der Stadt mit eigenen Sozialwohnungen.
Für mehr Geld von Bund und Land
Frank Mielke (SPD) will das Bürgermeisteramt „politischer führen“. Man könne nicht alles gleichzeitig machen, sondern müsse Ziele definieren und priorisieren. „Dass man mit Steuern und Gestalten erfolgreich sein kann, sehen wir bei der Übertragung des Kanalnetzes“, hebt der Kämmerer und Personaldezernent der Stadt Hattingen hervor. Der 57-Jährige wirbt für Wasserstoff als Energieträger und ein Konzept zur Stärkung der Stadtteile.
Bürgermeister Dirk Glaser will seiner Rolle als „gestaltender Moderator“ treu bleiben. Er sieht in seiner Parteilosigkeit eine große Chance, alle Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. „Ich denke in politischen Mehrheiten, nicht in Lagern.“ Für mehr Geld von Bund und Land will Glaser, der von CDU und FDP unterstützt wird, weiter kämpfen. „Wir müssen trotz Corona alles erhalten, was Hattingen lebens- und liebenswert macht“, sagt der amtierende Verwaltungschef.