Hattingen. Das Ausbildungsplatz-Angebot in Hattingen ist da, aber Bewerber sind laut Agentur für Arbeit zurückhaltend. Die Gründe – und freie Stellen.

Weniger Jugendliche bewerben sich in Hattingen um eine Ausbildung, meldet die Agentur für Arbeit im neuen Ausbildungstelegramm. Und so bereitet weniger das Ausbildungsplatz-Angebot, als vielmehr das geringe Bewerber-Interesse im Ennepe-Ruhr-Kreis Sorgen. Einen Grund sieht die Agentur in der Corona-Krise.

„Viele Jugendliche haben in der Corona-Zeit andere Probleme und die Suche nach einer Ausbildungsstelle stand nicht ganz oben auf ihrer Liste. Auch deshalb ist die Zahl der Bewerber im Ennepe-Ruhr-Kreis stark zurückgegangen“, so Katja Heck, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hagen, die auch für Hattingen zuständig ist.

Zahl der Bewerber um einen Ausbildungsplatz hat sich in Hattingen verringert

Die Zahl der Bewerber um eine Ausbildung habe sich in Hattingen wie im gesamten EN-Kreis und auch bundesweit verringert, so Ulrich Brauer, Sprecher der Agentur für Arbeit Hagen: Waren es im Juni 2019 in Hattingen noch 284 Bewerber, so waren es ein Jahr später 65 weniger – ein Minus von 22,9 Prozent. Im vergangenen Juni hielten sich damit gemeldete Ausbildungsstellen (218) und Bewerber (219) die Waage. Unbesetzt waren Ende des abgelaufenen Monats noch 98 Ausbildungsstellen allein in Hattingen. Aber es gab auch 76 unversorgte Bewerber.

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Wegen des stark eingeschränkten Schulbetriebes hätten viele Schüler wenig Motivation und Perspektive für die Ausbildungssuche gehabt, denn die Schüler hätten vor Unsicherheiten gestanden wie: Können Klausuren stattfinden? Wie kommt der Schulabschluss zustande? „Wir konnten nicht in die Schulen. Es fehlte uns der Hauptanknüpfungspunkt“, sagt Ulrich Brauer.

Agentur für Arbeit erreicht Schüler derzeit nur mit Onlineangeboten

Katja Heck: „Wir erreichen die Schüler nur mit unseren Onlineangeboten – und wenn sie sich bei uns melden. Problematisch ist, dass keine Ausbildungsmessen stattfinden können und diese Möglichkeit der direkten Kontaktaufnahme zwischen Ausbildungssuchenden und Betrieben ausfällt.“ Gleichzeitig haben viele Unternehmen ihre Entscheidungen über die Besetzung freier Lehrstellen verschoben. „Die Folge ist, dass wir noch 1500 Ausbildungsstellen unbesetzt haben, über 800 alleine im Kreis. Das sind jede Menge Chancen für Jugendliche, die jetzt aktiv werden müssen. Alternativen wie ein Auslandsjahr, das jetzt eben nicht geht, können auch nach dem erfolgreichen Abschluss angegangen werden.“ Besonders gute Chancen bestehen im Büro, im Gesundheitsbereich, im Handel sowie im Handwerk. „Ich kann jedem Jugendlichen nur empfehlen, jetzt eine Ausbildung zu machen“, sagt Katja Heck.

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Oft allerdings finden Bewerber und Unternehmen nicht zusammen. So gibt es beispielsweise noch 20 unbesetzte Ausbildungsstellen Industriemechaniker – und ebenso viele unversorgte Bewerber. Dieses Bild zeigt sich auch im Bereich Industriekaufmann: unbesetzte Stellen und unversorgte Bewerber – je 28. Im Bereich Kaufmann Einzelhandel sind noch 59 Ausbildungsstellen im Kreis frei – aber es gibt nur 37 an der Ausbildung interessierte Unversorgte.

Warum Bewerber und Ausbilder manchmal nicht zusammenfinden

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„Manchmal ist die Eignung der Bewerber nicht gegeben, auch wenn das aus ihrer Wahrnehmung anders sein mag“, erklärt Brauer. Auch seien Jugendliche teils unflexibel, wenn es darum gehe, weitere Wege in Kauf zu nehmen oder den Berufswunsch anzupassen. „Es kann ja sein, dass es keinen Ausbildungsplatz zum Kfz-Mechaniker gibt, aber warum nicht Landmaschinen-Mechaniker werden“, erörtert Brauer. Doch darauf müssten Jugendliche oft aufmerksam gemacht werden – was derzeit schwierig sei.

Brauer stellt aber auch klar: „Manchmal ist nur der Deckel noch nicht drauf, der Vertrag noch nicht geschlossen.“ Firmen würden melden, wenn ein Platz besetzt sei – Bewerber hingegen oft nicht. „Gerade in den Sommermonaten passiert noch viel bis zum 30. September.“ Dann würden die als unversorgt gemeldeten Bewerber auch noch einmal kontaktiert.