Hattingen. Viele Geschichten gibt es rund ums Haus Kemnade in Hattingen. Heinz Bruns ist hier geboren, aufgewachsen – und heute Betreiber der Burgstuben.
Er ist Gastronom mit Leib und Seele. Und er ist Kemnader, der wohl einzige echte, den es zurzeit gibt. „Ich bin hier geboren und aufgewachsen“, sagt Heinz Bruns, der die Burgstuben im Haus Kemnade betreibt. Und doch hat er noch nicht jeden Mythos rund um die alten Gemäuer in See-Nähe lüften können.
„Es soll angeblich einen unterirdischen Gang zur Burg Blankenstein geben“, erzählt er in einem WAZ-Gespräch. „Als ich Kind war, befand sich im Boden eine große Steinplatte mit einem Steinring. Dort sollte der Einstieg sein.“ Gefunden hat er den Geheimgang dennoch nicht.
Haus Kemnade: keine Burg, auch kein Wasserschloss – „ein steinernes Wohnhaus“
Haus Kemnade also, nein, keine Burg, auch kein Wasserschloss, sondern „ein steinernes Wohnhaus“, wie es Heinz Bruns selbst beschreibt. Im Jahr 1951 pachten seine Großeltern Franz und Sophie das alte Herrenhaus an der Ruhr von der Stadt Bochum. Sie stellen acht Landarbeiter ein und betreiben einen Bauernhof. Sieben Jahre später startet seine Mutter eine Gastronomie – als „Nebenerwerb“. Heinz Bruns wird in dieses Land- und Schankwirtschaftsleben hineingeboren.
Hier Ackerbau und Viehzucht, da so manch ein Gaumengenuss für die Besucher des Heimatmuseums. Der kleine Heinz lernt alles ganz genau kennen, wird in dem mehr als 700 Jahre alten Gemäuer groß. Die Türen klackern, die Böden knarzen, in den Keller darf er nicht. Das weckt sein Interesse – und das seiner Freunde: „Es war ein riesiger Spielplatz“, erinnert er sich.
Heinz und Birgit Bruns übernehmen im Jahr 1995 in dritter Generation
Mit dem Ausbau des Freizeitzentrums und dem Aufbau des Stausees geht dem Hof in den 1970er-Jahren Bewirtschaftungsfläche verloren, zeitgleich baut Familie Bruns für die Burgstuben eine zweite Restaurant-Etage und eine große Küche. Als Heinz und Birgit Bruns im Jahr 1995 in dritter Generation das Geschäft übernehmen, gab es keine Landwirtschaft mehr.
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So um die 40 Quadratmeter misst die Bruns’sche Küche in den Burgstuben. Bei Hochbetrieb sind hier drei Köche aktiv, verrät er 2013 bei der Aktion „WAZ öffnet Pforten“. Einer kümmert sich um Fleisch und Fisch, einer um Beilagen wie etwa Pommes oder Reis – und einer ist neben anderem für den Salat da. Appetitlich angerichtet finden die einzelnen Komponenten dann auf einem Teller zusammen.
Heinz Bruns schwärmt vom Niedrigtemperaturgaren beim Fleisch
Heinz Bruns schwärmt vom Niedrigtemperaturgaren beim Fleisch: „Wenn Fleisch durch und durch rosa ist, dann wurde diese Methode benutzt, sonst ist es oben und unten grau, in der Mitte rosa.“ Es ist die Magie des Kochens.
Der Gastronom ist aktiv und mischt sich ein. Als Vize-Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga setzt er sich für seinen Berufsstand ein, in dieser Woche hat er beispielsweise an der Gevelsberger Erklärung mitgewirkt, die weitere finanzielle Hilfen und Solidarität für das Gastgewerbe in der schwierigen Corona-Zeit fordert. Im vergangenen Jahr hat er sich zudem erfolgreich für seinen irakischen Küchenhelfer stark gemacht, der abgeschoben werden sollte.
Burgstuben trotzen der Corona-Krise
„Wir freuen uns, wieder Gastgeber zu sein“ – so steht es auf der Internetseite des Haus Kemnade. In den drei Räumen der Burgstuben – Mittelgewölbe, Kaminzimmer und Turmzimmer – werden seit rund zwei Wochen wieder Speisen und Getränke serviert.
Das Haus Kemnade liegt kurz vor dem Stauwehr des Kemnader Sees an der Straße An der Kemnade 10 in Blankenstein.
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag von 12 bis 23 Uhr; Sonntag von 12 bis 22 Uhr. Kontakt: 02324/ 9 33 10.
Bleibt nur noch eines: Ist Haus Kemnade jetzt Bochum oder Hattingen, Hattingen oder Bochum? Die Historie ist kurios: Denn im Jahr 1486 liegt es noch in Stiepel – doch ein Unwetter verursacht eine Hochwasser-Katastrophe, durch die die Ruhr ihr Flussbett ändert. Und plötzlich gehört die Kemnade zu Blankenstein. Noch heute liegt das Gelände auf Hattinger Stadtgebiet, Inhaberin ist indes die Stadt Bochum. Heinz Bruns ist Pächter. Und er sagt in einem WAZ-Interview: „Ich bin Hattinger. Ich zahle alle Steuern und Rechnungen hier, und das mache ich auch gerne.“
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