Hattingen. Kunden sehen sich von einem Handy-Shop in Hattingen „übers Ohr gehauen“. Die Polizei bestätigt, dass inzwischen sechs Anzeigen vorliegen.
Eigentlich wolle Heike Denno schon lange teure Zusatzfunktionen ihres Handys abschalten lassen. „Weil ich zum Beispiel High Speed für 4,99 im Monat nicht brauche“, sagt die 58-Jährige. Am 6. November 2019 ist sie in der Stadt, sieht das Schild und geht spontan in den Telefonladen – „was ich sonst nie mache“. Jetzt hat sie einen teureren neuen Vertrag, den alten aber auch noch und ärgert sich schwarz. Sechs Anzeigen gegen den Handy-Shop liegen der Polizei bereits vor, bestätigt Sprecherin Sonja Wever auf Anfrage der WAZ-Redaktion.
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Mittlerweile gibt es eine eigene Whatsapp-Gruppe von Hattinger Geschädigten. Manche haben – gegen ihren Willen und ohne ihr Wissen – mehrere Verträge abgeschlossen, die sie alle monatlich bedienen müssen, „weil wir übers Ohr gehauen wurden“, betonen alle.
Neuantrag für den neuen Tarif erstaunt die Kundin
„Im November hat mir der junge Mann in dem Laden gesagt, Zusatzfunktionen könne man nicht einfach abschalten.“ Aber er könne ihr einen anderen Tarif anbieten, der preiswerter sei und mehr Datenvolumen habe. „Er hat mir einen Neuantrag für den neuen Tarif vorgelegt. Auf meine erstaunte Nachfrage, wieso das jetzt ein Neuantrag sei, betonte er, es bliebe alles beim alten, man würde nur den Tarif ändern“, schildert die 58-Jährige.
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Er benötige nur noch ihren Personalausweis und Unterschriften, damit weiter abgebucht werden könne. „Ich habe meine Unterschriften für den Tarifwechsel und die Abbuchungserlaubnis gegeben. Aber ich hatte ein komisches Gefühl.“
Zentrale des Telefonanbieters nahm Zusatzfunktionen raus
Keine 48 Stunden später bekam sie eine neue Telefonnummer. Also rief sie am nächsten Tag in der Zentrale des Telefonanbieters an. „Da sagte man mir, eine bestimmte Funktion aus dem Handy zu nehmen, sei absolut kein Problem. Das mach ich mal eben.“
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Zurückgenommen worden sei aber der neue Vertrag nicht. Jetzt läuft noch ihr alter Vertrag über 29,99 Euro pro Monat und dazu der neue Vertrag über 39,99 Euro monatlich. „Als ich über Facebook nachfragte, ob irgendjemand aus Hattingen ähnliche Erfahrungen gemacht habe, kamen sofort eine ganze Reihe an Einträgen.“
Auf das zugesagte Handy wartet eine Kundin bis heute
Juliane Pütz ist eine von etwa zehn Hattingerinnen, die sich hinters Licht geführt fühlen, ging am 21. Oktober 2019 in dasselbe Geschäft auf der Heggerstraße. Ihr alter Vertrag lief aus und sie wollte ein i-Phone 11. „Er könne mir einen guten Vertrag anbieten für 39,99 Euro im Monat plus ein Euro für das Handy. Ich hab mir jede Zeile im Vertrag durchgelesen“, sagt die 35-Jährige. Auch sie musste in dem Geschäft ihren Ausweis und die EC-Karte vorlegen. Das Handy sollte in drei Tagen kommen.“ Aber auf das Handy wartet sie bis heute.
Auch der Verbraucherzentrale liegen Beschwerden vor
Eine Menge von Beschwerden über Vertragsabschlüsse in Telefonläden liegt Andrea Thume, Leiterin der Verbraucherberatung Bochum, an die sich viele Hattinger Kunden wenden, vor.
Ihr Rat: „Immer zu zweit in einen Telefonladen gehen.“ Man soll sich vorher informieren, wie lange der eigene Vertrag noch läuft und welchen Inhalt der Tarif hat, um vergleichen zu können.
Die Verbraucherberatung fordert von der Bundesregierung ein Widerrufsrecht für Vertragsabschlüsse in Telefonläden. „Denn das hat man in der Regel nicht, anders als bei Darlehensverträgen,“ so Thume.
Sie hat die Telefongesellschaft angeschrieben, alle Hebel in Bewegung gesetzt. Es habe mit dem Geschäftsinhaber keine Einigung, sondern nur lauten Streit gegeben. Jetzt hat auch sie eine Anwältin eingeschaltet und Anzeige erstattet.
Geschäftsinhaber E. erklärt, dass er immer bereit sei, zu helfen. Er würde nie jemanden zum schnellen Vertragsabschluss drängen. Aber viele hätten keine gute Bonität, deshalb gebe es öfter Ärger, anderen fiel Tage nach Vertragsabschluss ein, dass es doch zu teuer ist. „Dann wollen sie die Verträge rückgängig machen. Aber das geht nicht.“