Hattingen. Beim ersten Gottesdienst in Corona-Zeiten in Hattingen geht es ums Singen. Wir brauchen das für unsere Seele, sagt Pfarrer Udo Polenske.

Es ist der erste evangelische Gottesdienst in Corona-Zeiten, zu dem die Glocken von St. Georg am Sonntag um 9.45 Uhr rufen. Warteschlangen gibt es nicht. Dafür freundliche Helfer, die Namen notieren, aufs Desinfizieren der Hände achten und die Kirchgänger an ihre Plätze bringen.

Ich bin Nummer 34. Genau 64 dürfen hinein. Smileys am Kirchengestühl zeigen an, wo man sitzen soll. Immer abwechselnd einer mittig in der Reihe, dahinter jeweils einer links und einer rechts außen.

„Cantate“ ist das Motto

„Jesus siegt“ steht auf einem Tuch an der Kanzel. Auf dem Klavier neben dem Altar ein Blumenstrauß. In Klarsichthülle – versteht sich bei Corona. Maria Cristina Witte wird ihn später bekommen. Die Kantorin der Gemeinde hat Geburtstag.

Pfarrer Dr. Udo Polenske hat den Gottesdienst in der evangelischen St.-Georgs-Kirche geleitet.
Pfarrer Dr. Udo Polenske hat den Gottesdienst in der evangelischen St.-Georgs-Kirche geleitet. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Dem Kirchenkalender gefällt es, dass es beim ersten evangelischen Gottesdienst mit Nase-Mund-Schutzpflicht ums Singen geht. „Cantate“ ist das Motto. Und wir hören das Lied von Mirjam, die mit der Pauke vorneweg geht und tanzt.

Von Aufbruchstimmung ist nicht nur zu hören in diesen 40 Minuten in St. Georg. Sie ist mit Händen zu greifen. Alle freuen sich, dass es endlich wieder losgeht mit den Gottesdiensten.

„Wir Menschen brauchen das für unsere Seele“

Udo Polenske macht das in besonderer Weise deutlich. „Ich freue mich unendlich, dass Sie wieder bei uns sind“, sagt der Pfarrer und blickt jeden an. „Wir alle brauchen das nicht nur, weil die Kirche systemrelevant ist. Wir Menschen brauchen das für unsere Seele.“

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Eine Osterzeit ohne Festgottesdienste, ohne Taufen, ohne Hochzeiten habe es noch nie gegeben, sagt Polenske. „Und mit fortschreitender Zeit ist wohl auch immer mehr Angst durch die Türritzen in die Quarantäne gekrochen.“

Sicher, die Kirche ist aufgeblieben in diesen Wochen. Die Gemeinde stark und lebendig. Aber eben doch nicht zusammen wie gewohnt. „Jetzt merkt man, dass man das Normale zu wenig schätzt“, ruft Udo Polenske. „Wir brauchen auch die Nähe zwischen uns.“ Und alle nicken hinter ihren Schutzmasken.