Hattingen. Die Zahl der Widersprüche nach abgelehnten Sozialleistungen steigt stetig. Das trübt beim VdK Hattingen die Freude über mehr Mitglieder.
Mit 1121 Mitgliedern ist Hattingen im Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands der größte Ortsverband im Ennepe-Ruhr-Kreis. Die Zahl steigt stetig.
Für Jürgen Scholz ist das allerdings nicht nur ein Grund zur Freude, sondern auch ein schrilles Alarmsignal. „Es stimmt vieles nicht in unserem Sozialstaat“, sagt der stellvertretende Ortsverbandsvorsitzende.
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1006 neue Mitglieder begrüßte der Sozialverband VdK im vergangenen Jahr in den 16 Standorten des Kreisverbandes Hagen/Ennepe-Ruhr, 124 davon allein in Hattingen. Zwar gibt es auch viele Abgänge durch Tod, Austritt oder Umzug. Dennoch wuchs die Gesamtzahl der Mitglieder in nur fünf Jahren um 1050 auf nunmehr 7320.
Kur abgelehnt, Rente abgelehnt, Rentenerhöhung abgelehnt
„Natürlich ist das auf die erfolgreiche Arbeit in unseren Ortsverbänden zurückzuführen“, sagt Jürgen Scholz. „Aber der Anstieg verdeutlicht auch, dass immer mehr Senioren, Behinderte und chronisch kranke Menschen auf unsere Hilfe angewiesen sind. Das ist alarmierend.“
Die Fallzahlen bei den Beratungen steigen stark. Immer öfter enden sie in Widerspruchsverfahren. Kur abgelehnt, Rente abgelehnt, Rentenerhöhung abgelehnt – „wir kümmern uns ja meist um Menschen, die ohnehin schon wenig Geld haben und von den Einbußen umso schmerzlicher getroffen werden“, sagt Scholz, der als Sozialpolitiker für die SPD über Jahrzehnte hinweg im Stadtrat mitgearbeitet hat.
„Wer kann schon 18 Monate auf ein Gerichtsurteil warten?“
Auch der große Personalmangel im Bereich der Pflege führt immer mehr Menschen in die Beratungen des VdK. „Zusammen mit den Angehörigen suchen wir dann nach Lösungen“, berichtet der Niederbonsfelder.
Das Problem: Wird ein Antrag auf Zahlung von Pflegegeld abgelehnt, dauert das Widerspruchsverfahrensechs Monate, das anschließende Klageverfahren zwölf Monate. „Wer kann schon 18 Monate auf ein Gerichtsurteil warten, um sein Geld zu bekommen“, fragt Scholz.
Immer weniger ehrenamtliche Berater haben immer mehr Arbeit zu bewältigen
Über den Beratungsservice für die Mitglieder hinaus meldet sich der VdK immer wieder auch mit aktuellen Forderungen zu Wort. Als Beispiel nennt Scholz den Öffentlichen Personennahverkehr. Der müsse verbessert werden, damit auch ältere Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. „Eine große Hilfe wäre dabei das 364-Euro-Ticket, damit der ÖPNV bezahlbar bleibt“, sagt Scholz.
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Der Sozialpolitiker macht keinen Hehl daraus, dass die steigende Mitgliederzahl beim VdK auch das Personal vor große Probleme stellt. Immer weniger ehrenamtliche Berater hätten immer mehr Arbeit zu bewältigen. „Wir sind nicht mehr so viele“, bedauert Scholz. Frühe habe es in allen Stadtteilen VdK-Ortsverbände gegeben. Heute sind es nur noch zwei: Hattingen und Welper.