Hattingen. Jäger und Landwirte schrecken Ricken auf, damit sie die Kitze holen. Landwirt findet das Mähen von innen nach außen in Hattingen unsinnig.
. Raus auf die Wiesen zur Heumahd geht es angesichts des schönen Wetters für viele Landwirte. Die dabei auch in den Wiesen von der Ricke abgelegte Rehkitze im Blick haben, weiß der Hattinger Landwirt Peter Oberdellmann. Auch wenn sie keine Drohnen einsetzen wie andernorts, sondern „Unruhe in die Fläche“ bringen.
„Ich arbeite zum Beispiel gut mit dem Jagdpächter in Holthausen zusammen. Wir haben in der Zeit, wo gemäht wird, engen Kontakt. Er meldet sich, wenn er beobachtet, dass irgendwo an einem Wiesenrand eine Ricke steht. Und ich sage ihm Bescheid, bevor ich mähe.“ Denn: Die Rehkitze im Gras „flüchten nicht, sie bleiben dort liegen“, sagt Oberdellmann, der auch stellvertretender Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen ist. Der Jäger geht die Wiese, die gemäht werden sollen, ab – oft mit Hund –, um einfach „Unruhe in die Fläche zu bringen. Die Hunde finden die Kitze selbst oft nicht, weil die noch keinen Geruch haben“, erklärt der Landwirt.
Landwirt gibt Ricken Zeit, die Kitze aus Hattinger Wiese zu holen
Ist die Fläche abgegangen worden, lassen Jäger und Landwirt etwas Zeit verstreichen. Denn die Ricke, die dann gemerkt hat, dass etwas mit der Wiese nicht stimmt, holt das Kitz raus. „Wenn der Jäger am Abend vor der Mahd durchgeht, ist das wunderbar“, sagt Oberdellmann.
Er selbst hält beim Mähen die Augen offen. „Ich gucke genau, ob irgendwo ein Reh rausspringt. Dann merke ich mir die Stelle und mache eine Runde drumherum, mähe dort nicht. Ich mache dann an einer anderen Stelle oder auf einer anderen Fläche weiter. Das geht bei uns zum Glück. Die Ricke, die gemerkt hat, dass etwas nicht stimmt, kann dann in Ruhe ihr Kitz holen.“
Eine 100-prozentige Sicherheit für Rehkitze gibt es nicht
Glück habe er in den letzten Jahren gehabt und kein Kitz bei der Mahd getötet. Aber er weiß auch: Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht.
Den Einsatz von Wärmebildkameras findet Oberdellmann zwar gut, aber noch kosteten die Geräte viel Geld. Und selbst, wenn es für die Gegend ein Gerät gebe, würde das nicht reichen. „Denn bei gutem Wetter mähen dann alle, da kann die Kamera nicht überall sein.“
Die Krähen merken zuerst, wenn es doch zu einem Unfall gekommen ist
Ist ein Kitz doch ins Mähwerk geraten, erklärt Oberdellmann, merkt der Landwirt das oft erst gar nicht. „Die Krähen bekommen das meist als erste mit.“ Er betont, dass es im Interesse des Landwirtes liegt, die Kitze zu retten. Einerseits wegen der Tiere, andererseits weil niemand einen Kadaver mit einpressen wolle, „wegen der gefährlichen Leichengifte, die entstehen“.
Laut Landesnaturschutzgesetz NRW müssen Landwirte Wiesen von innen nach außen mähen, um Wildtiere zu schonen. „Vor der Entscheidung habe ich viel mit Politikern gesprochen. In unserer Gegend ist das der größte Schwachsinn“, erklärt er, denn es gebe Wiesen, da könnten die Tiere nicht in jede Richtung nach außen flüchten. „Weil die Flächen oft am Maschendrahtzaun des Nachbargarten enden. Das ist wieder am Schreibtisch ausgedacht.“
Peter Oberdellmann bemängelt: Mehr Wildtiere sterben durch Autounfälle
Er gibt zu bedenken: „Wenn irgendwo ein Wildwechselschild steht, müssen Autofahrer ja auch niemanden zu Fuß vorschicken, um die Straße nach Rehen abzusuchen. Dabei sterben durch Unfälle mit Autos viel mehr Wildtiere als durch Mähwerke“, sagt er mit Verweis auf die Holthauser Straße, die B51 oder das Areal rund um die Kiefernstraße. Verhindern ließen sich solche Unfälle nicht.
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Was ihn zudem ärgert: Mountainbike-Fahrer, die rücksichtslos durch die Wälder führen – ohne sich darum zu kümmern, dass sie durchs Fahren und die hellen LED-Lampen Wildtiere störten. „Darüber regt sich kaum jemand auf, das ist aber ein großes Problem. Ich fahre in meiner Freizeit auch gerne Fahrrad, bleibe aber auf den Wegen.“