Hattingen. Joachim Härtel verkauft in Hattingen historisches Spielzeug in „Schönes und Altes“. Er sagt, welche Bedeutung das Internet für den Laden hat.
„Guck mal, weißt Du noch?“ und „Ach, das hatte ich früher auch!!!!!“ Solche Kommentare von jenen, die sich vom Schaufenster von „Schönes und Altes“ gar nicht loseisen können, hören Passanten im Krämersdorf in Hattingen oft. Wer den Laden von Joachim Härtel betritt, begibt sich auf eine Spielzeug-Zeitreise.
Und weiß erst einmal nicht, wo er zuerst hinsehen soll. In dem 50 Quadratmeter großen Geschäft stehen Spielzeuge von anno dazumal dicht an dicht in Vitrinen, in Schränken, auf Regalen und dem Boden. „In keinem Kinderzimmer fehlte früher so eine Uhr“, sagt Joachim Härtel und zeigt auf eine mittels Ketten aufziehbare Holzbärenuhr mit Augen, die sich hin- und herbewegen.
In einem Ofen können Spielzeughähnchen gebraten werden
In einem Ofen können Spielzeughähnchen gebraten werden. „Der macht einen Krach!“, verrät Härtel lachend. Puppenstuben gibt es aus vielen Jahrzehnten und mit verschiedenen Ausstattungen. Da ist ein kunstvolles Buchschränkchen mit echten Fenstern, hier ein Herd, der wirklich funktioniert. „Früher hatten Batterien andere Formate, da muss man heute teils etwas tricksen und mit Alufolie verlängern, wenn die Batterie nicht ganz passt“, verrät Härtel.
Der 61-Jährige hat das Geschäft vor gut zwei Jahren eröffnet. Ankaufen musste und muss er dafür nichts. „Ich habe noch genug für die nächsten zehn Jahre.“ Verkauft er Dinge, rückt Anderes nach. „Alles kommt von meiner Oma. Sie hat alles in einer Scheune aufbewahrt. Die Familie war groß. Sie gab uns Kindern Spielzeug, waren wir zu groß dafür, ging es an Oma zurück und sie gab uns etwas anderes. Die Sachen sind gut erhalten, wir gingen vorsichtig damit um“, erinnert sich Härtel.
Wer hier bummelt, taucht ein in seine eigene Kindheit
Und nur so ist es zu erklären, dass all die kleinen Pappschächtelchen für den Einkaufsladen nur so wenige Gebrauchsspuren zeigen. Wer hier bummelt, taucht ein in seine eigene Kindheit, in die der Eltern, Großeltern und teils sogar Urgroßeltern. Manche Kunden flüstern. „Sie dürfen ruhig laut sprechen. Das ist kein Museum hier“, ruft dann Härtel fröhlich.
Kinder heute würden mit den Dingen von damals nicht mehr spielen. „Hier war schon mal ein Herr, der wollte seinem Enkel einen Bären kaufen, aber der wollte lieber einen Minion“, berichtet Härtel. Und in der Tat sind zumeist ältere Menschen Kunden bei ihm.
Anfragen von Kunden gab es sogar schon aus China und Russland
Aus Hattingen kommen dabei die wenigsten. Über Laufkundschaft freut sich Härtel zwar, ist aber nicht darauf angewiesen. „Das meiste läuft über das Internet. Ich hatte sogar schon Anfragen aus China und Russland, die konnte ich erst gar nicht lesen, habe sie durch ein Übersetzungsprogramm verstanden“, berichtet er. Die Menschen stöbern auf seiner Internetseite, sehen ein Teil, „nennen mir dann die Bildnummer und bitten darum, noch mal Fotos von allen Seiten von dem Spielzeug zu schicken“, erklärt Härtel.
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Auch Patienten der Reha-Klinik stießen beim Stadtbummel auf ihn. Viele ältere Damen würden ihre Puppenstuben ausstatten. Beispielsweise mit Lampen, die auch wirklich leuchten können. Blechspielzeug, alte Brett- und Gesellschaftsspiele, Blechkreisel, Kuscheltiere, die damals eher hart denn kuschelig waren, gibt es. Und Meckis. „Die ersten trugen noch einen Ring um den Arm, da gab es noch gar keinen Knopf im Ohr.“ Auch Kasperlefiguren aus vergangenen Zeiten sind zu haben und stehen nah an einem Paar, das sich, durch den Magneten angezogen, küsst.
Bei der „U-Boot-Jagd“, dem frühen Schiffeversenken, leuchtet noch eine Lampe, wenn ein Treffer erzielt wird
Härtel zeigt ein Magneto-Spiel von 1920 und die „U-Boot-Jagd“, das frühe Schiffeversenken, bei dem noch eine Lampe leuchtet, wenn ein Treffer erzielt wird. Eine Rarität ist das Pferderennspiel: Zwei Pferde werden durch das Ziehen an einem Seil bewegt. „Passt man nicht auf, fällt der Jockey ab“, weiß Härtel. Nur noch selten zu finden ist auch das Golfspiel für innen „Carpet Golf“. Mit Männchen, die man abschlagen lassen kann – der Spieler muss sogar das passende Eisen für den entsprechenden Schlag finden. Alte Ritterburgen, ein Fort, Indianer, Holzbauernhoftiere – und natürlich Spielzeugautos und -eisenbahnen.
Mitten im Geschäft sind auf einem Tisch Schienen aufgebaut. Darauf fahren historische Spielzeugzeuge. Rolf Kaesler beugt sich über eine Lok, kontrolliert das Licht. Er hilft Härtel (75) im Laden, hat die Lok repariert, die eine Dame ihrem Mann zu Weihnachten schenken wird.
Das Krämersdorf findet Härtel „wunderschön“
Die beiden kennen sich schon lange. „Ich hatte früher das Reitsportgeschäft Kaesler in Hattingen. Da war auch Joachim Härtel mit drin. Als wir zugemacht haben, hatte er die Idee, diesen Laden aufzumachen. Und ich helfe, wo ich kann.“ Ein altes Karussellpferd stand schon einst im Reitsportladen und ziert jetzt „Schönes und Altes“.
Härtel ärgert, dass das Krämersdorf von vielen „tot geredet“ wird. „Der Platz ist wunderschön.“ Der gelernte Einzelhandelskaufmann hat sein Geschäft gerne hier. „Es ist stadtnah, das ist gut.“ Die Selbstständigkeit hat er nie bereut. Gern unterhält er sich mit Kunden über Spielzeug und berät mit Spaß.