Hattingen. Rolf Kaesler (76) gibt Laden mit Kleidung, Stiefeln und Zubehör nach 35 Jahren in der Altstadt auf. Mietvertrag läuft Ende Mai aus. Kein Nachfolger in Sicht.
Reiter, die sich mit Zubehör mitten in der Stadt eindecken möchten, müssen sich sputen. Nicht im Schritttempo einlaufen bei Rolf Kaesler, sondern mindestens traben oder besser noch galoppieren wie die Pferde an der Hauswand: Läuft dem Betreiber des Pferdefachgeschäftes in der Altstadt – und damit den Kunden – doch die Zeit weg. Der Hattinger schließt sein Geschäft. Aus Altersgründen.
Nicht sofort, sondern erst Ende Mai. So lange läuft der Mietvertrag für den Laden noch. Der Vorverkauf läuft dagegen schon länger. „Wir schließen“ macht ein Schild an der Tür Interessenten aufmerksam, dass bald Schluss. Und lenkt das Augenmerk auf Rabatte bis zu 60 Prozent.
So groß der Nachlass ist, so kurz ist der Weg zwischen „Speisezimmer“ und Sport. Nur ein paar Schritte sind nötig, die schnell gegangen sind. Zumindest für diejenigen, die im Innenstadtrestaurant gegessen haben. Sie biegen um die Ecke und stehen dann zwar nicht mitten im Pferdestall, wo sie sich gleich in den Sattel schwingen könnten, sind aber zumindest an einem Ort (Horst 1), an dem Profis bereithalten, was fürs Reiten nötig ist.
Jede Menge Kleidung, Stiefel, Gürtel und Zubehör hängen und liegen dort in Regalen. Nach 35 Jahren sagt das Fachgeschäft mit eigener Sattlerei jetzt Aufwiedersehen. Was nicht weggeht bis zur Geschäftsschließung Mitte des Jahres, soll im Internet unters Reitervolk gebracht werden.
Der Hattinger, inzwischen 76, ist früher selbst gern geritten. Genauso wie seine Frau, die aber schon vor Jahren gestorben ist. Das Paar teilte nicht nur den Reitsport als Hobby, sondern auch den Beruf. Seiner Frau zuliebe und weil der Einsatz beider gefragt war und ihn das Metier interessierte, sattelte Rolf Kaesler jobmäßig um. Gemeinsam betrieb das Paar das Geschäft. Da es weder Kinder noch Angestellte gibt, die den Laden übernehmen könnten oder wollten, zieht der Reitsport aus.
Die Sattlerei hat Rolf Kaesler nicht allein betrieben, sondern mit einem Angestellten, der bei seiner Frau früher eine Ausbildung gemacht hatte. Der Hattinger, dem der Laden kaum Zeit gelassen hat, andere Hobbys zu pflegen, erinnert sich noch gut an die vielen älteren Damen, die mit ihren Lederhandtaschen vorbeikamen, um für kleines Geld kaputte Nähte reparieren zu lassen. Was auch in letzter Zeit immer noch möglich gewesen wäre. Maschinen stehen noch im hinteren Teil des Geschäfts. Ihr Einsatz war aber nicht mehr gefragt. Eher schon kamen junge Reiterinnen vorbei, probierten Kleidung und schickes Zubehör an – und machten ein Selfie.