Ennepe-Ruhr. Woher kommt der Brauch, einen Mistelzweig aufzuhängen? Und warum küsst man sich darunter? Die Leiterin der Bio-Station im EN-Kreis erklärt es.

In der Adventszeit, wenn Häuser und Wohnungen festlich geschmückt werden, sieht man auch immer wieder Mistelzweige. Aber warum eigentlich? Sicher nicht, um daraus, wie der Druide Miraculix in dem Comic Asterix und Obelix, einen Zaubertrank zu brauen. Warum der Comic aber gar nicht zu weit von der Wahrheit entfernt ist und weshalb die Mistel eigentlich ein Schmarotzer ist, erklärt Britta Kunz, Leiterin der Biologischen Station im Ennepe-Ruhr-Kreis:

Die Mistel ist ein Schmarotzer, die Bäume anzapft.
Die Mistel ist ein Schmarotzer, die Bäume anzapft. © WP | WP Meschede

Für die Druiden waren die immergrüne Mistel und der Baum, auf dem sie wuchs, heilig. Man konnte es sich nicht erklären, wie die Pflanze hoch hinauf in die Baumkronen kam. Und so glaubte man, dass die Götter selbst sie dort gesät haben mussten.

Symbol des Friedens

Entsprechend zubereitet, sollte ein bisschen Göttlichkeit, in Form von Mut, Glück und einem langen Leben, auf die Menschen übergehen. Auch als Heilmittel gegen Epilepsie und Schwindel soll die Mistel eingesetzt worden sein. Heute noch werden Bestandteile der Pflanze in Arzneien gegen Bluthochdruck und Arteriosklerose verwendet. Trotzdem gilt die Mistel als giftig, sie enthält Stoffe, die beim Menschen und anderen Säugetieren Übelkeit und Erbrechen auslösen können. Der Pflanze wurde zudem nachgesagt, dass sie vor Feuer, Blitz und bösen Geistern schütze. Sicherlich ein guter Grund für unsere Vorfahren, sie an die Hauswand zu hängen.

Dass die Pflanze als Weihnachtsschmuck wieder entdeckt wurde, hängt aber wohl damit zusammen, dass sie bei den Christen schon früh als Symbol des Friedens galt. Unter einem Mistelzweig versöhnte man sich und gab sich den Friedenskuss. Ein Mistelzweig an der Haustür symbolisierte, dass man mit seinen Mitmenschen in Frieden leben wollte. Auch Besucher wurden mit einem Friedenskuss empfangen. Das machten sich Liebespaare zunutze, die sich in früheren Zeiten so ungestraft schon vor der Hochzeit küssen durften.

Schmarotzer unter den Pflanzen

Kontakt zur Biologischen Station

Im Ennepe-Ruhr-Kreis und sogar im eigenen Garten gibt es kleine Wunder. Wir müssen nur die Augen öffnen. Britta Kunz, die Leiterin der Biologischen Station im Ennepe-Ruhr Kreis, gibt Garten- und Ausflugstipps.

Fragen beantwortet sie gern. Sie erreichen sie per E-Mail (info@biologische-station.de) und schriftlich (Biologische Station im EN-Kreis, Loher Straße 85, 58256 Ennepetal). Viele Tipps und Infos unter www.biologische-station.de

Dass als Symbol des Friedens ausgerechnet ein Schmarotzer unter den Pflanzen gewählt wurde, wusste man damals sicherlich nicht. Da der Mistel der direkte Zugang zu den Nährstoffen im Boden fehlt, kann sie nur mit einem Trick überleben. Sie „bohrt“ die Leitungsbahnen des Baumes mit einem Saugorgan, dem sogenannten Haustorium, an und stiehlt ihm Wasser und darin gelöste Mineralien. Über ihre grünen Blätter kann sie Photosynthese betreiben, also im Wesentlichen aus Sonnenenergie und Kohlendioxid Zucker herstellen. Da sie sich somit zum Teil selbst versorgt, ist sie streng genommen nur ein Halbschmarotzer, auch Halbparasit genannt.

Wie die Mistel auf dem Baum kommt

Es gibt drei Mistelarten, zwei davon wachsen auf Nadelbäumen. Bei uns in NRW kommt hauptsächlich die Laubholz-Mistel vor. Man findet sie auf Pappeln und Apfelbäumen, seltener auf Ahorn, Walnuss, Linde oder Robinie aber auch auf einigen importierten Baumarten, wie dem Tulpenbaum. Misteln sind übrigens zweihäusig, das heißt, es gibt weibliche und männliche Pflanzen. Nur die weiblichen Pflanzen bilden die kugeligen weißen Früchte aus.

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Wie aber gelangt die Mistel denn nun auf den Baum? Hier hat sich die Natur wieder etwas Besonderes einfallen lassen. Die Mistel bedient sich der nach ihr benannten Misteldrossel und anderer Vögel, die die Früchte fressen. Die Samen werden mit dem Fruchtfleisch verschluckt und später von den Vögeln wieder ausgeschieden, Düngergabe in Form von Vogelkot gleich inklusive. Mit etwas Glück geschieht das, während der Vogel auf dem Ast eines passenden Baumes sitzt.

Sehr klebrige Früchte

Die Früchte der Mistel sind sehr klebrig. Und so bleiben Reste der Frucht und einzelne Samen an den Vogelschnäbeln hängen. Die Vögel versuchen dann, die Reste durch Abstreifen an den Ästen wieder loszuwerden und bringen dadurch ebenfalls Samen auf die Bäume.

Die Mistel wächst übrigens nur sehr langsam und beeinflusst den Baum, den sie anzapft, in den meisten Fällen nicht stark genug, dass dieser wirklichen Schaden erleidet. Die Mistel gilt in Deutschland zwar nicht als gefährdete Art, trotzdem sollte man bedenken, dass alle zum Verkauf angebotenen Misteln, aus der Natur entnommen wurden.

Ein Mistelzweig an der Haustür mag als Symbol des Friedens verstanden werden. Man begrüßt dann die lieben Verwandten, die man das ganze Jahr nicht zu Gesicht bekommen hat, mit einem Halbschmarotzer. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

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