Hattingen. Hattingen, das sind für ihn die „Hollywood Hills des Ruhrgebiets“. Während seiner großen Erfolge kommt Andreas Bieber in der Südstadt zur Ruhe.

Er war der Joseph in „Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat“. Er war der Magier in „Tabaluga und Lilli“. Er war James Dean in „Die Legende­ von Jimmy“, war der Danny in „Grease“. Auch der Leopold im „Weißen Rössl“ war er. Und er war auch der Philipp Wolfengruber in der ARD-Seifenoper „Marienhof“. Er ist Andreas Bieber. 52 Jahre alt.

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Was ist dieser Mann herumgekommen: Geboren wird er in Mainz, er lebt in Wien und Berlin – und in den „Hollywood Hills des Ruhrgebiets“, wie er Hattingen gerne umschreibt. Fast 15 Jahre lang ist die Südstadt seine Heimat, das rosafarbene Haus an der Otto-Hue-Straße. Die Pferde stehen am Homberg, Andreas Bieber genießt in der Südstadt die ländliche Ruhe, die ihm in seiner erfolgreichsten Zeit Kraft gibt. „Es ist so schön in Hattingen und ich habe sehr schnell mit Vorurteilen über das Ruhrgebiet aufgeräumt, denn es ist ganz anders als ich es mir früher vorgestellt habe“, sagt er einmal in einem WAZ-Interview. Und: „Ich mag den Menschenschlag, die Ehrlichkeit, die Direktheit, das Normale und Unprätentiöse.“

Choreograph Paul Kribbe hat ihn von der Stadt überzeugt

Paul Kribbe hat ihn von der Stadt überzeugt. Der Choreograph lebt hier bereits, als er mit dem jungen Sänger gemeinsam an der Rockoper über James Dean im Grillo-Theater Essen arbeitet. Es sind die frühen 1990er, als Andreas – nein, sagen wir Andy Bie­ber, wie alle anderen auch – die Erfolge offenbar nur so zufliegen.

Andreas Bieber in seiner Rolle des Joseph im Essener Colosseum.
Andreas Bieber in seiner Rolle des Joseph im Essener Colosseum. © Archiv | WAZ

Sein größtes Publikum erreicht er in seiner Zeit in der ARD-Vorabendserie „Marienhof”. In den Folgen 391 bis 623 (insgesamt gibt es 4053 Episoden) spielt er den Philipp Wolfen­gruber, dann hört er auf – und fängt als Joseph im Musical-Geschäft an. Im Essener Colosseum, Abend für Abend vor anderthalb Tausend Zuschauern. „Sogar zu Hause schellen die Leute an und fragen nach Autogrammen“, erzählt er. Sein Kleid ist bunt, die Story von Andrew Lloyd Webber. 400-mal steht der Hattinger als Joseph auf der Bühne – und schafft es damit zu „Wetten dass...?“ und in die Hitparade – „Wie vom Traum verführt“ bringt ihm den Sieg in der Monats-Ausgabe und den zweiten Platz in der Jahres-Hitliste. „Ich fühlte mich wie ein Exot mit dem Lied aus einem Musical unter den Schlagersängern.“

Andreas Bieber studiert Schauspiel und Gesang

Andreas Bieber studiert Schauspiel und Gesang. Er feiert Erfolge, sagt, dass er sich seine bunten Träume beruflich (bislang) alle erfüllt. Und dennoch gibt es Rückschläge, vor allem privat. „Ich musste Tod und Trennung von engen Freunden verkraften, die volle Breitseite.“ Yoga­ hilft ihm. In den USA lässt er sich zum Lehrer ausbilden und unterrichtet ein Jahr lang in Wien. Hier spielt er auch im Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York“, „meine Rolle ist die personifizierte Lebensfreude“.

Passt. So tritt er auf. Fröhlich, beschwingt, mit viel Elan. Privat­ ist er nachdenklicher, engagiert sich für sozial Schwache, organisiert Benefizfeiern, beispielsweise in der St.-Georgs-Kirche für Krebskranke.

Reitprüfung auf Gut Flehinghaus in Elfringhausen abgelegt

Der junge Andreas Bieber vor der WAZ-Redaktion in Hattingen.
Der junge Andreas Bieber vor der WAZ-Redaktion in Hattingen. © Funke Foto Services GmbH | Walter Fischer

Im Oktober 1999 besiegt Andreas Bieber seine große Nervosität und besteht eine ganz wichtige Prüfung: das Reitabzeichen. Auf Gut Flehinghaus in Elfringhausen ist er „der Opa im Kurs“, aber Leih-Pferd Jack bringt ihn fehlerfrei durch alle Aufgaben. Dressur, Springen, Theorie, alles kein Problem. Das ist genau die Abwechslung, die er zwischen den Hügeln Hattingens so genießt – denn am nächsten Abend steht er schon wieder für zwei Aufführungen von „Tabaluga und Lilli“ auf der Bühne.

CD-Veröffentlichung(en)

Neben etlichen CDs, die zu seinen Musical-Produktionen (Elisabeth, Jimmy Dean, Grease und natürlich Joseph) herausgebracht wurden, hat Andreas Bie­ber auch einen eigenen Longplayer eingespielt.

Seine Solo-CD heißt „Mein Musical und die Zeit dazwischen“, ist im Jahr 2017 veröffentlicht worden. Die Songauswahl sei ein Querschnitt aus seinem „beruflichen Austoben“.

Aktuell ist die Revueshow „Vivid – eine Liebeserklärung an das Leben“ im Friedrichstadtpalast sein (beruf­licher) Lebensinhalt. Seit einiger Zeit lebt Andreas Bieber in Berlin. „Es ist eine spannende Stadt, sie überfordert und erschlägt mich oft.“ Die Hauptstadt wolle immer vorne, hip und neu sein, das erfordere viel Energie. „Die Ruhe und die saubere Luft in Hattingen fehlen mir.“