HATTINTGEN. . Im Hattinger Stadtmuseum verrät Nachtwächter Henning Sandmann Dönekes aus Blankenstein. Es geht um den Bürgermeister der Freiheit; und Koteletts.

Nachtwächter Henning Sandmann bläst in seine Tröte. Sofort wird es still. Wie immer trägt der Blankensteiner seine traditionelle Uniform. Diese besteht aus einem dreizackigen Hut, einem langen Hemd aus Leinen und einer braunen Lederweste. Auch die hohen Stiefel und der Umhang dürfen nicht fehlen. Normalerweise nur des Nachts als Stadtführer unterwegs, erzählt Sandmann heute einmal am Tage seine Geschichten. Denn das Stadtmuseum und sein Förderverein veranstalten an diesem Sonntag gemeinsam mit der Bürgergesellschaft den ersten History-Nachmittag im Museumscafé. Motto: „Vom Kläppchen bis zum Bürgermeister der Freiheit.“

Wofür ein Schlapphut schützen kann

„Eigentlich trug der Nachtwächter im Mittelalter eine ganz andere Kopfbedeckung“, gibt Henning Sandmann zu. „Typisch war ein Schlapphut, der den niedrigen beruflichen Rang verdeutlichte.“ Doch der Hut, so Sandmann weiter, hatte noch einen anderen, ganz praktischen Zweck.

„Wenn der Wächter wieder einmal sein Honorar nicht pünktlich bekam, machte er in der Nacht gerne mal auf sich aufmerksam. Das haben sich die Bewohner natürlich nicht gefallen lassen. Als Retourkutsche leerten sie den Nachttopf in genau dem Moment aus, in dem der Störenfried vorbei kam. Doch der Schlapphut schützte ihn vor dem Gröbsten.“ Dafür erntet Sandmann einige Lacher.

Fakten wie diese kennt der 69-Jährige viele. Oft stöbere er in alten Zeitungsartikeln danach. Im Jahre 1950 wurde Sandmann im Blankensteiner Krankenhaus geboren, hier ist er zur Schule gegangen. Heimatverbunden sei er schon immer gewesen, sagt Sandmann. Und verrät: Sein Wissen über den historischen Ortskern teile er gerne.

Eine Pfanne für 48 Koteletts

So erfahren die Besucher des History-Nachmittages zum Beispiel, dass Blankenstein bis weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. „Im Jahre 1895 etwa wurde hier die größte Pfanne Westfalens hergestellt“, meint der Nachtwächter schmunzelnd. Produzent sei ein gewisser Karl Kalthoff gewesen. „Sein Wunsch war es, 48 Koteletts mit nur einer Pfanne braten zu können. Auf der Blankensteiner Pfingstkirmes wurde das Gerät dann zum ersten Mal erfolgreich getestet.“

Des Öfteren von seiner Frau vertrimmt

Auch die Geschichte vom „Bürgermeister der Freiheit“ dürfte sogar für alteingesessene Blankensteiner neu sein. Die „Freiheit“ nennt sich dabei der Kern des Ortes.

„So lief der Nachtwächter eines Abends durch die Freiheit“, beginnt Sandmann seine Erzählung. „Plötzlich hörte er lautes Stöhnen und Schreien aus dem Haus des Bürgermeisters. Ihr müsst nämlich wissen, dass dieser des Öfteren von seiner Frau vertrimmt wurde“, informiert er die Zuschauer. „Am nächsten Abend erhielt der Wächter wieder einmal sein Gehalt nicht pünktlich.“ So soll er schreiend durch die Straßen gelaufen sein: „Hört ihr Leut’ und lasst euch sagen, der Bürgermeister wird von seiner Frau geschlagen . . .“

Zuhörer lernen einiges dazu

Elisabeth (84) muss bei dieser Geschichte laut lachen. Auch sie lebt schon seit Jahren hier im Ort und interessiert sich für ihr Zuhause. „Ich freue mich sehr über die Erzählungen. So lerne ich noch einiges dazu.“ Einige Namen aus Sandmanns Geschichten sind auch ihr ein Begriff. Den Nachtwächter selbst und seine Führungen kennt sie natürlich. „Es wird bestimmt noch viele weitere Veranstaltungen dieser Art hier geben“, spekuliert sie. Und fügt hinzu: „Der Andrang ist ja wirklich groß.“

>>> WISSENSWERTES ZU DEN NACHTWÄCHTER-FÜHRUNGEN

Ausrichter der Führungen ist die Bürgergesellschaft Blankenstein. Der „blanke Stein“ auf dem Marktplatz vor dem Stadtmuseum ist jeweils Start und Ziel. Eine Führung dauert etwa 90 Minuten.

Terminvereinbarungen sind unter 0178- 823 32 60 möglich.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.blankenstein-ruhr.de.