Hattingen. . Das Tom Mutters Haus in Hattingen an der Schulstraße wird 20 Jahre. Das Leben wird sich wegen Gesetzesreformen stark ändern, meint Uwe Tillmann.

Etwa die Hälfte der Bewohner des Tom Mutters Hauses an der Schulstraße lebt hier seit der Eröffnung des Hauses – die ist nun 20 Jahre her. Deshalb stand am Samstag ein großes Frühlingsfest an. Wie es allerdings um die Zukunft der stationären Einrichtung für Menschen mit geistiger Einschränkung bestellt ist, darüber vermag Uwe Tilmann, Geschäftsführer des Vereins Lebenshilfe Hattingen nur zu spekulieren.

Denn: „Am 1. Januar 2020 werden die Leistungen getrennt. Die Hilfe zum Lebensunterhalt wird wohl von der Kommune gezahlt, die Fachleistung für die Teilhabe vom Landschaftsverband“, sagt Tillmann. „Bislang fand viel Leben in der Gruppe statt. Künftig reicht es dann aber nicht zu sagen, dass wir gekocht haben. Dann muss für jeden einzelnen dokumentiert werden, was er gemacht hat, wie er gefördert wurde.“

Sehr engagierte Eltern machen das Haus möglich

Grundsätzlich findet Tillmann diese Individualisierung der Teilhabe gut. Für Betroffene sei das eine Chance, wenngleich für Einrichtungsträger ein Problem. Die Entwicklung allerdings zeichne sich schon länger ab. „1984 ist die Einrichtung am Hackstück bezogen worden, die hat damals noch Tom Mutters, der Begründer der Lebenshilfe insgesamt, miteingeweiht“, sagt Tillmann. Die Eltern waren damals aktiv – auch wieder, als der Bedarf weiter und weiter wuchs. Mitte der 1990er-Jahre fiel darum die Entscheidung für einen weiteren Neubau. Am 20. März 1999 stand die Einweihung des Hauses an der Schulstraße an. Es bekam ebenfalls den Namen Tom Mutters Haus. „Damals war die Elternschaft unglaublich engagiert, organisierte Freizeiten und Ausflüge.“ Heute sind viele der Erstbezieher bereits in Rente.

Das Tom Mutters Haus der Lebenshilfe Hattingen an der Schulstraße feiert in diesem Jahr 20. Geburtstag – mit einem Frühlingsfest. Die Zukunft indes ist ungewiss.
Das Tom Mutters Haus der Lebenshilfe Hattingen an der Schulstraße feiert in diesem Jahr 20. Geburtstag – mit einem Frühlingsfest. Die Zukunft indes ist ungewiss. © Walter Fischer

Grad der Behinderung war damals nicht so hoch

25 Plätze waren es damals bei der Eröffnung, die für Unruhe in der Nachbarschaft gesorgt hatte. Doch die legte sich bald. Heute sind es 21 Plätze. „Es gibt keine Doppelzimmer mehr.“ Der Grad der Behinderung war damals längst nicht so stark wie bei vielen Bewohnern heute. „Dann änderte sich aber die Lage, man setzte auf ambulant vor stationär.“ Etwa die Hälfte der Bewohner zog aus, lebt erfolgreich in ambulanter Betreuung, freut sich Tillmann. Fast alle hätten da noch mal einen Entwicklungsschub gemacht.

Tillmann begrüßt, dass auch Menschen mit geistiger Einschränkung selbstbestimmt leben können – auch wenn das die Zukunft der Tom Mutters Häuser ungewisser macht. „Das Leben ist für sie bunter geworden und das ist gut so. Es bleibt aber ein besonders schützenswerter Personenkreis.“ Tillmann weist hin, dass in der Stadt altengerechter, „das sage ich bewusst so“, Wohnraum fehlt.

Das Leben in dem Haus wird sich komplett verändern

Wie genau das neue Verfahren zur Bedarfsermittlung laufen wird, kann Tillmann noch nicht absehen. Aber er ist sich sicher, dass sich auch das Leben im Tom Mutters Haus komplett verändern wird. Weil die Hilfe individueller werden soll. „In 20 Jahren werden viele stationäre Einrichtungen so nicht mehr existieren.“

Reformstufe 3 steht Anfang des Jahres 2020 an

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) soll Menschen mit Behinderungen zu mehr Teilhabe und Selbstbestimmung verhelfen. Erste Änderungentraten 2017 in Kraft, umgesetzt wird die Reform bis zum Jahr 2023. Im Jahr 2020 steht Stufe 3 der Reform an: Da werden die Leistungen der Eingliederungshilfe von existenzsichernden Leistungen (Sozialhilfe) getrennt werden.