Hattingen. . 24.000 Hennen leben auf dem Bio-Hühnerhof in Hattingen. Ob sie sich im Hühnerstall aufhalten, können sie wählen. Ein Blick hinter die Kulissen.
Fünf Hennen scharren im Gras. Vom Hügel am Berger Weg aus können sie auf ihren Stall des Köllershofs blicken. Die fünf haben gerade Lust aufs Herumlaufen auf der Wiese, andere Artgenossinnen halten sich im so genannten Wintergarten auf. Die meisten wählen gerade das Stallinnere, denn der Wind weht. „Das mögen Hühner nicht so“, weiß Landwirt Jens Schürmann, der sich mit seinem Vater Heinz-Jürgen Schürmann um 24.000 braune Hennen in Biohaltung kümmert. Und dem Betrieb so die Zukunft sichern will.
20.000 Eier sortieren die Landwirte in dem 2017 erbauten Stall täglich. Denn nur perfekte Eier kommen auf die Eierpalette. „Ist auch nur ein wenig Schmutz daran, müssen wir die Eier aussortieren“, sagt Heinz-Jürgen Schürmann. Knick- und Schmutzeier gelten als zweite Wahl, gehen zur Weiterverwertung in die Industrie.
Morgens um acht Uhr geht es los – mit einem Rundgang durch den Stall, um nachzusehen, ob alles in Ordnung ist. Auch „verlegte“ Eier, also Eier, die die Hennen nicht in die Nester gelegt haben und die also nicht automatisch übers Band rollen, werden dann eingesammelt. Das Ausmisten steht zwei Mal pro Woche auf dem Plan.
Klimatisierter Stall für 24.000 Hennen
In den Wintergarten, der überdacht und mit einer Netzwand geschützt ist, können die Hennen immer. Hier hängen auch Netze mit Heu. Gerade guckt eine Henne aus einem großen schwarzen Kübel. Kalk ist darin. Der Vogel nimmt ein Staubbad. Das macht ihm nicht nur Spaß, sondern schützt auch vor Milben. Damit die sich nicht ausbreiten und auch die Salmonellengefahr gering bleibt, sind im Stall konstant 18,5 Grad Celsius.
Um zehn Uhr geht’s für die Hennen ins Freie – wenn sie wollen. Bis 11.30 Uhr sind die Landwirte täglich im Stall und am Band. 70.000 Eier pro Stunde könnte die Maschine auf Paletten bringen. „Aber so schnell sind wir mit dem Sortieren gar nicht“, sagt Jens Schürmann. Und so viele Eier legen die Hennen nicht. Braun sind sie alle. „Bio-Eier verkaufen sich besser in braun. Darum haben wir uns für diese Hennen entschieden.“
Raubvögel sind die größte Gefahr für die Hühner
Wird es dunkel, gehen die Hühner freiwillig in den Stall, die Jalousien zum Außengehege schließen automatisch. „Wir kontrollieren abends, ob wirklich alle drin sind“, sagt Heinz-Jürgen Schürmann. Nicht, dass es heißt: Fuchs, Du hast das Huhn gestohlen . . . Dabei ist er gar nicht der größte Hühnerdieb in Oberstüter. Mehr Hennen fallen Raubvögeln zum Opfer. Die Landwirte nehmen’s gelassen.
Die Eier verkaufen Schürmanns auch im Hofladen, aber zwei Mal in der Woche kommt ein Großabnehmer, der die Bio-Eier vermarktet. Dadurch haben die Landwirte ein Problem nicht, erklärt Heinz-Jürgen Schürmann: „Im Winter kaufen die Leute reichlich Eier, im Sommer sind alle im Urlaub, der Verkauf wird schwieriger.“ Aber die Hennen legen ja munter weiter.
Vier Quadratmeter pro Huhn
Sie leben in 3000er-Gruppen zusammen. Am Stall kommen häufig Spaziergänger vorbei. Gern erklären die Landwirte dann, dass die Schnäbel nicht abgeschnitten sind, dass die Hennen, wenn sie mal Federn verlieren, nicht krank, sondern in der Mauser sind, dass sie bei schlechtem Wetter lieber drinnen sitzen, dass jedes Huhn vier Quadratmeter Auslauf hat, dass die Hennen Extra-Hafer zur Beschäftigung bekommen und gern an Picksteinen picken.
Mit Leidenschaft kümmert sich das Duo um die Tiere. Für Jens Schürmann sind sie die Zukunft. Er ist gelernter Landmaschinenmechaniker. „Der Bau des Stalls war für mich Voraussetzung, auf dem Hof zu arbeiten. Sonst wäre ich in meinem Beruf geblieben.“ Dabei war Landwirt sein Traumjob. „Aber ich hatte lange keine Idee, wie es weitergeht“, erklärt er. In dem Stall sieht er eine Zukunftschance. „Der Vertrag mit dem Abnehmer läuft über zwei Jahre. Danach muss ich neu verhandeln.“
Erst mit 17 Wochen nach Hattingen
17 Wochen alt sind die Bio-Junghennen, wenn sie auf den Hof kommen. Dort legen sie dann etwa ein Jahr lang Bio-Eier. „Danach wird die Schale dünner, dann kann man die Hühner durch ausschließliche Haferfütterung in die Mauser kommen lassen“, erklärt Heinz-Jürgen Schürmann.
Braune Hennen seien schwerer und robuster als weiße, für die Biohaltung also besser geeignet. Ein Huhn wiegt zwei bis drei Kilo. Die Tiere, weiß Jens Schürmann, reagieren empfindlich auf Futterumstellung. Sie könnten beispielsweise aufhören, Eier zu legen.
Das Bio-Ei übrigens muss ein Durchschnittsgewicht von 53 Gramm haben. Bei Schürmanns liegt es bei 64 Gramm.
Ab 2020 gibt es Bio-Futter von eigenen Feldern
Acker- und Grünland bewirtschaften Schürmanns ebenfalls. Auch hier wird gerade auf Bio umgestellt. Ab 2020 bekommen die Hennen Bio-Futter von eigenen Feldern. Doch auch dann muss Futter zugekauft werden – in Bio-Qualität. Kommt ein Lkw mit Futter auf den Hof gefahren, müssen Schürmanns prüfen, ob er noch das Bio-Siegel hat. Überhaupt ist der Dokumentationsaufwand für den Stall hoch und kostet viel Zeit.
Es gibt strenge Kontrollen, auch unangekündigt
Vier angekündigte und zwei unangekündigte Biokontrollen werden im Hühnerstall von Heinz-Jürgen und Jens Schürmann durchgeführt. Dazu kommen die Kontrollen des Vereins für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT).
Das Veterinäramt kommt regelmäßig. Ein Mal pro Monat bestellen Schürmanns den Tierarzt, der sich die Tiere anschaut. Und nicht zu vergessen: Auch das Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz kontrolliert regelmäßig.