Hattingen. . Kolonialwaren sind das Gold der Hattinger Familiendynastie Hill. Am 30. November 1855 fängt ihre Geschichte im beschaulichen Bredenscheid an.

Hill, eine Familiendynastie. Nein, das dies einmal geschrieben würde, damit rechnet Heinrich Hill ganz sicher nicht, als er am 30. November 1855 sein Geschäft für Kolonialwaren in Bredenscheid er­öffnet. Er ist gerade 29, seiner Zeit jedoch um einige Jahre voraus. Was er nicht weiß: Der Hill’sche Betrieb wird sich zu einem der bedeutendsten der Branche in Deutschland entwickeln.

Hills Idee: Das Ruhrgebiet wächst, in Hattingen ist gerade erst die Henrichshütte gegründet worden, immer mehr Menschen kommen in die aufstrebende Industrie­region – also müssen auch immer mehr Menschen mit Lebensmitteln und Artikeln des täglichen Bedarfs versorgt werden. Kolonial­waren sind das Gold der Familie, also Dinge, die sich die Stahlarbeiter und Bergleute auf Feld und Acker nicht selbst erwirtschaften. Petroleum für die Lampen beispielsweise, es steht neben Mehl und Zündhölzern, neben Nägeln, Salz und zahlreichen Gewürzen, die zum überwiegenden Teil aus den damaligen Kolonien in Afrika und Asien herangeschafft werden. Deshalb Kolonialwaren.

Anfänge von Hill in Bredenscheid

Bredenscheid: Irgendwo hier ­habe Heinrich Hill sein Geschäft eröffnet, ganz genau weiß das keiner mehr. Im Stadtteil wird vermutet, dass es an der Bredenscheider Straße war, damals noch Sprockhöveler Straße, gleich neben dem Viehstall am Wieden­kamp, wo es später lange einen Tante-Emma-Laden gibt, ehe die Sparkasse einzieht. Im Jahr 1876, so steht es in einer Anzeige der Hattinger Zeitung, expandiert Hill zum ersten Mal: „Den geehrten Besuchern hiermit zur geflissentlichen Nachricht, dass ich das seither von dem Herrn Wilhelm Berckhoff betriebene Spezerei-Geschäft mit dem heutigen Tage übernommen habe. Durch prompte Bedienung und billige Preise hoffe ich, das Vertrauen der geehrten Eingesessenen mehr und mehr zu gewinnen.“

Eine Hill-Lebensmittel-Werbung aus den 1980er-Jahren.
Eine Hill-Lebensmittel-Werbung aus den 1980er-Jahren. © WAZ/Archiv

Im Jahr 1877 verlegt Hill den Firmensitz nach Hattingen, der Laden bleibt aber in Bredenscheid (erst am 29. Oktober 1964 wird die erste Hill-Filiale in Mitte an der Heggerstraße eröffnet!). Sohn Robert ist 25, als er als Kaufmanns­lehrling ins Geschäft einsteigt.

Marke im Lebensmittelhandel

Hill – der Name ist längst eine Marke im Lebensmittelhandel – wächst. Mehr als 30 Filialen gibt es. Auf knapp 5000 Quadratmetern entsteht in Sichtweite zum krummen Kirchturm von St. Georg eine schmucke Villa samt Parkanlage. Kurz: Hill macht die Stadt satt – und die Stadt macht Hill satt.

Im Alter von knapp 64 Jahren verstirbt Heinrich Hill am 10. Juni 1890. Die große Grabstätte der Dynastie liegt auf dem Evangelischen Friedhof Hattingen, nahe des Eingangs an der Friedrichstraße.

Nur die SG Hill hat überlebt

Udo Kreikenbohm left Robert Hill (senior) übernimmt – und baut das Geschäft aus. Mehr als jeder andere in der Familie prägt er die spätere Heinrich Hill AG. Sein Erfolgsrezept: Grossist, Importeur und Einzelhändler zugleich – im Jahr 1925 gibt es 214 Hill’sche Filialgeschäfte, in denen Menschen im Ruhr­gebiet ihre Lebensmittel kaufen. Klaus Hill, Urenkel von Heinrich, verkauft schließlich 1981 aus gesundheit­lichen Gründen alles an die Deutsche Supermarkt GmbH. Was geblieben ist: Die SG Hill, einst so mitgliederstarke Betriebssporttruppe, kickt noch heute in der Fußball-Kreisliga C.

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1995 werden die letzten Hill-Filialen in „HL“ (Hugo Leibbrand) umbenannt. Dass der Name aus dem Hattinger Stadtbild verschwindet, wollen viele jedoch nicht hinnehmen – also beantragen alte Hillianer 1997 eine Straßenumbenennung.

Der Stadtrat entscheidet, dass das Stück zwischen Am Beul und der Eickener Straße nach dem Gründer benannt wird. Am 9. Juli 1999 wird die Heinrich-Hill-Straße gewidmet.