Hattingen. . Peter Oberdellmann spricht im Interview über die Auswirkungen der Trockenheit in Hattingen und sagt, warum die Dürrebeihilfen problematisch sind.
Die Landesregierung hat die Förderrichtlinie für die Dürrebeihilfen für Landwirte beschlossen. Ob die Beihilfen sinnvoll sind und wie der trockene Sommer die Hattinger Landwirte getroffen hat, darüber sprach WAZ-Redakteurin Liliane Zuuring mit Peter Oberdellmann, stellvertretender Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen.
Wissen Sie von Landwirten in Hattingen, die die Dürre beihilfen bei der Landwirtschaftskammer beantragen wollen?
Oberdellmann: Ich habe noch von keinem gehört, glaube es auch nicht.
Warum nicht? Ist in Hattingen kein Schaden entstanden?
Doch. Aber der bürokratische Aufwand ist enorm hoch. Da werden die meisten sagen, dass sie sich das nicht antun. Und wenn dann wenige den Antrag stellen, heißt es am Ende wieder: Es war doch nicht so schlimm. Ein Trugschluss. Das Problem ist außerdem, dass man die Finanzen komplett aufdecken muss. Bei uns in der Gegend ist es so, dass viele sich weitere Einnahmequellen geschaffen haben. Damit fällt man aus der Förderung.
Was halten Sie von den Dürrebeihilfen?
Überhaupt nichts! Denn die Betriebe sind von der Dürre unterschiedlich betroffen. Da gibt es einen Betrag – und dann ist da das Riesenproblem: Wem gebe ich wie viel? Es ist schwer, einen Schlüssel zu finden. Außerdem muss man bedenken, das ein Betrieb, der Getreide verkauft, zwar einen geringeren Ertrag hatte, dafür aber einen besseren Preis bekommen hat. Das hat in diesem Fall gar nichts mit der Dürre zu tun, sondern mit Entwicklungen auf dem Weltmarkt. Bei großen Ereignissen wird finanziell geholfen. Ich nenne das Beispiel Hochwasser an der Elbe, wo Felder unter Wasser standen. Wer hilft aber dem Kollegen in Stiepel bei Ruhrhochwasser? Niemand. Denn da ist nur er betroffen. Das betrifft mich in Holthausen schon nicht. Gerecht ist das nicht.
Wie gehen Sie mit den Folgen der Dürre um?
In diesem Jahr ist das Raufutter knapp, das wichtig ist für die Rinder- und Pferdehaltung. Es ist Mangelware auf dem Futtermarkt. Ich verkaufe auch Raufutter und sehe da verschiedene Strömungen. An meine Stammkundschaft verkaufe ich das Futter zum angemessenen Preis, ich will die Not nicht ausnutzen. Aber es gibt dann auch solche, die nehmen, was sie kriegen können. Das ist eben Angebot und Nachfrage. Aber wer jetzt die Not ausnutzt, soll der dann auch noch Dürrebeihilfe bekommen? Ich könnte derzeit auch mit dem Raufutter den doppelten Umsatz machen. Aber es gilt: Leben und leben lassen.
Wie war der Ertrag denn in Hattingen?
Selbst in Hattingen gab es regional große Unterschiede hinsichtlich des Ertrags pro Hektar. Das war in Bredenscheid anders als in Holthausen. Beispielsweise gab es in Bredenscheid zu einem Zeitpunkt einen starken Schauer – und in Holthausen kam nichts runter. Wasser ist bis heute ein absolut knapper Faktor. Gerade in der Reifezeit kommt es auf jeden halben Liter an. Da gibt es dann schon große Unterschiede auf einzelnen Flächen. Auf dem Grünland in steiniger Südlage in Holthausen war der Ertrag des zweiten und dritten Schnitts eine Katastrophe. Da war oft nur Staub und Dreck.
In den Niederlanden bewässern viele Landwirte ihre Felder. Ist das hier nicht möglich?
Oberdellmann: In den Niederlanden gibt es eine andere Situation. Für uns kommt das hier nicht in Frage. Die Bewässerungstechnik mit den Schlauchrollen und Sprengern funktionieren in Hanglagen überhaupt nicht. Außerdem muss man recht einfach an Wasser kommen – und darf es nicht erst aufwändig aus großer Tiefe nach oben pumpen müssen.
Was wäre denn eine sinnvolle Möglichkeit, das finanzielle Risiko von Landwirten durch Wetterextreme zu senken?
Der Verband diskutiert schon länger eine Risikoausgleichsrücklage. Die Branche ist einfach stark von der Witterung abhängig. Wir brauchen eine steuerliche Gewinnglättung. Derzeit ist es so: Haben wir ein gutes Jahr, zahlen wir viele Steuern – und haben außerdem eine hohe Vorauszahlung. Wenn dann das Jahr in die Hose geht, ist das schwierig.
Wie ist es derzeit um die Hattinger Böden bestellt?
Die Trockenheit hat ja noch nicht aufgehört. Sie hält an. Die Wintersaat ist ausgebracht. Da reicht die Feuchtigkeit derzeit in den oberen Bodenschichten. Aber wenn man tiefer buddelt, sieht es wirklich schlecht aus. Das habe ich gemerkt, als ich im Wald Bäume gerückt habe, die beim Sturm Friederike gefallen sind. In einer Tallage konnte ich da im vergangenen Herbst gar nichts machen, weil sie 20 Zentimeter unter Wasser stand. Ich kam da gar nicht an die Bäume ran.
Und heute?
Jetzt sind die ersten Zentimeter Boden durchfeuchtet, aber darunter ist es pulvertrocken, als wenn der Boden aus dem Backofen käme. Ich glaube, die Ruhr wäre schon ausgetrocknet, wenn es die Talsperren nicht gäbe. Man darf es nicht laut sagen, aber vier Wochen Dauerregen um Weihnachten rum wären nicht schlecht für die Böden.