Hattingen. Kämmerer und Personaldezernent Frank Mielke betont den Aufklärungswillen der Stadt. Im WAZ-Interview beschreibt er das neue Kontrollsystem.

Eine Reihe von Verwaltungsfehlern im Fachbereich Jugend, Schule und Sport haben die Stadt in den vergangenen Jahren viel Geld gekostet. Frank Mielke (55), Kämmerer und Personaldezernent, stellte sich dazu den Fragen von WAZ-Redakteur Ulrich Laibacher.

Herr Mielke, allein im Schul- und Jugendbereich hat die Stadt in den vergangenen Jahren 350.000 Euro in den Sand gesetzt. Wie viele Prozentpunkte bei der Grundsteuer sind das eigentlich?

Frank Mielke: Ein Prozentpunkt entspricht etwa 17.500 Euro. Also reden wir über 20 Punkte bei einem aktuellen Satz von 875 Punkten, und das natürlich nur einmalig für ein Jahr.

Nimmt man die mögliche Einnahme von einer Million Euro Fördermitteln beim Integrationsprogramm für Flüchtlinge hinzu, sind wir bei einem Schaden von 1,35 Millionen Euro. Das ist das Fünffache der Summe, die Sie als Jahresüberschuss in 2019 erwarten. Haben Sie Verständnis dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger das aufregt?

Warum Anträge auf Fördermittel erfolgreich waren oder nicht, möchte ich nicht kommentieren. Zu Ihrer Frage: Ja, ich verstehe, dass das die Bürger aufregt. Mich übrigens auch.

Die Fehler sind über Jahre gemacht und nicht entdeckt worden. Gibt es bei der Stadtverwaltung denn kein Controlling?

Controlling in dieser Form gibt es bei uns seit dem Jahr 2016. Der Einführung ist es ja zu verdanken, dass die Vorgänge aufgedeckt wurden. Wir haben sie selbst gefunden, aufgearbeitet und umgehend öffentlich gemacht.

„Umgehend öffentlich gemacht“ ist wohl übertrieben. Vor allem die Höhe der Schäden für die Stadtkasse wurde nicht öffentlich besprochen.

Das war zunächst so und es war falsch. Ich bin dafür, solche Vorgänge so schnell wie möglich transparent zu machen und grundsätzlich öffentlich zu diskutieren. So haben wir es am Ende ja auch gemacht. Schließlich geht es um das Geld aller Steuerzahler. Wir nennen uns ja Öffentlicher Dienst, also sollten wir auch öffentlich arbeiten.

Was war der Anlass für die Einführung des Controllings?

Der Zwang, den städtischen Etat das ganze Jahr über permanent im Blick zu haben, damit am Ende der vorgeschriebene Etatausgleich gelingt. Wir müssen immer wissen, wo wir stehen, um reagieren zu können. Das haben wir 2017 zum Beispiel mit der Haushaltssperre gemacht, die ja wesentlich zur Rettung der Jahresbilanz beigetragen hat.

Wie sieht das Controlling in Hattingen konkret aus?

Es gibt zwei Arten. Das Finanz-Controlling habe ich eben beschrieben. Es hatte bei der Haushaltssperre 2017 seine Feuertaufe. Ein Jahr vorher schon haben wir mit dem Maßnahmen-Controlling begonnen, und zwar im Fachbereich 51 für Jugend, Schule und Sport. Dort hatten wir die größten Bauchschmerzen. Es gab immer höhere Anforderungen an unser Personal und stetig steigende Fallzahlen: Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern waren einige langfristige Krankheitsfälle zu beklagen und eine große Fluktuation, bei der ja auch immer Wissen verloren geht. Da haben wir dann genau hingesehen und sind auf jene Vorgänge gestoßen, die falsch liefen und die Stadt viel Geld gekostet haben.

Wie haben Sie dann eingegriffen?

Wir wollen aus unseren Fehlern nachhaltig lernen. Deswegen haben wir die Vorgänge öffentlich gemacht, unsere Schlüsse daraus gezogen und die Konsequenzen umgesetzt. In diesem konkreten Fall haben wir die Zahl der Mitarbeiter erhöht und die Strukturen und Arbeitsabläufe im Fachbereich verändert. Der zurzeit laufende Aufbau des neuen Fachbereichs 40 ist ja die Folge der Erkenntnis, dass der Fachbereich 51 in vielerlei Hinsicht überlastet war.

Welche personellen Konsequenzen wurden gezogen?

Keine. Wir haben an keiner Stelle unseres Controllings ein direktes persönliches Versagen einer einzelner Mitarbeiterin oder eines einzelnen Mitarbeiters der Stadtverwaltung festmachen können. Die Fehler sind entstanden, weil die Arbeitssystematik im Fachbereich nicht optimal aufgestellt war. Es war die Summe falscher Strukturen und einer Kette von Einzelfehlern. Das ist bedauerlich, im Nachhinein aber nun einmal nicht zu ändern.

Es wurde also niemand zur Rechenschaft gezogen?

Nein. Für mögliche politische Konsequenzen auf der Ebene der Beigeordneten, die ja Wahlbeamte sind, sind die Ratsfraktionen zuständig. Juristisch haben wir als Verwaltungsspitze keine Handhabe gegen Einzelpersonen gefunden. Hätten wir das, wären Abmahnungen, Kündigungen oder Schadenersatzklagen möglich gewesen. So aber können wir nur feststellen: Das alte System hat nicht funktioniert. Wir ändern das jetzt, weil wir – wie gesagt – aus Fehlern lernen.

Können Sie finanzielle Schäden für die Stadtkasse in diesen Größenordnungen künftig ausschließen.

Wo Menschen arbeiten, kann man Fehler nie ausschließen.