Hattingen. . Der Fachbereich Jugend hat bei zwei Anbietern ein Konzept in Auftrag gegeben. Solche Gruppen waren vor Jahren aufgegeben worden.

Wieder Gruppen für Trennungs- und Scheidungskinder anzubieten, das ist ein Ziel des Fachbereichs Jugend der Stadt. „Wir haben jetzt bei zwei Anbietern ein Konzept in Auftrag gegeben“, sagt Egbert Willecke, Leiter des städtischen Fachbereichs Jugend, Schule, Sport. Vor einigen Jahren mussten die Gruppen wegen Personalmangels eingestellt werden. „Doch sie sind sehr sinnvoll. Wir hoffen, dass sie schon bald in diesem Jahr starten können“, so Willecke.

Denn Kinder und Jugendliche erfahren dort, dass es Gleichaltrige mit ähnlichen Erfahrungen und in ähnlichen Situationen gibt. „Sie können dann gemeinsam Fortschritte machen“, so Willecke. So ein Angebot habe präventiven Charakter und sei darum besonders wichtig.

Gericht verpflichtet Eltern oft zur Beratung

Er und Juliane Lubisch, Leiterin der Abteilung Erziehungshilfe, wissen: Wenn Eltern sich trennen, dann sehen sie sich oft nur noch als getrenntes Paar und nur noch persönliche Verletzungen. Dabei verlieren sie ihre Elternverantwortung aus dem Blick. Zumeist muss das Team um Willecke aktiv werden, wenn das Gericht die Eltern zu einer Beratung verpflichtet, weil sie sich beispielsweise über Besuche nicht einigen können. „Wir versuchen, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben“, sagt Juliane Lubisch. Sie betont: Die Arbeit sei hinsichtlich der Eltern unparteiisch. „Wir machen parteiliche Arbeit fürs Kind.“

Auch begleitete Besuchskontakte fallen in den Aufgabenbereich von Willecke und seinem Team. „Das Kind hat ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen“, betont Willecke. Bei den begleiteten Besuchskontakten gibt es strenge Regeln. „Beispielsweise darf der Elternteil nicht betrunken sein oder Drogen konsumiert haben, Verbalattacken sind verboten, Zeiten sind penibel einzuhalten“, erklärt Lubisch.

Die meisten Eltern übernehmen Elternverantwortung

In 60 bis 70 Prozent aller Beratungsfälle, sagt sie, schaffen es die Eltern dann, ihre Elternverantwortung zu übernehmen, sich über Besuche zu einigen. „Wenn es Eltern schaffen, aus der Paarverletzung herauszukommen und in die Elternverantwortung zu gehen, dann haben die Kinder gewonnen.“

Mit zahlreichen Trennungs- und Scheidungskindern befassen sich die Mitarbeiter des Fachbereichs Jugend, festgehalten in Akten. Dem Wohl der Kinder gilt das Hauptaugenmerk der Experten in Hattingen.
Mit zahlreichen Trennungs- und Scheidungskindern befassen sich die Mitarbeiter des Fachbereichs Jugend, festgehalten in Akten. Dem Wohl der Kinder gilt das Hauptaugenmerk der Experten in Hattingen. © Fischer

Immer häufiger lassen sich Eltern auch im Vorfeld beraten, wie sie die Trennung für ihre Kinder gut gestalten können. Lubisch freut sich, dass in Hattingen Anwälte bei Scheidungen oft an die Beratungsstelle verweisen. „Ein Scheidungskind zu sein, ist heute nicht mehr das Drama des Lebens“, weiß die Expertin.

Kinder brauchen Orientierung

Kinder bräuchten und wollten auch Orientierung. „Das muss kein Jahresplan sein, aber sie wollen wissen, wie es in der nahen Zukunft weitergeht. Oft wird mit Kindern nicht gesprochen. Manchmal zieht ein Elternteil einfach aus, während sie in der Schule sind. Und keiner spricht darüber“, berichtet Juliane Lubisch.

Nicht selten sprechen die beratenden Experten mit den Eltern auch über Inhalte – beispielsweise darüber, dass es Alternativen zum Fernsehen oder PC-Spielen gibt. „Da empfehlen wir auch schon mal, einen Fußball zu kaufen und mit dem Kind auf der Wiese zu spielen.“

Beratende Angebote für Eltern älterer Kinder fehlen

Und da plant der Fachbereich auch ein weiteres Angebot. „Wenn die Kinder klein sind, gibt es die Hebammen, die Mütterberatung, Sprechstunden für Mütter mit Babys. Aber danach bricht es ein wenig ab. Wir wollen beratende und informierende Angebote machen auch für Eltern von älteren Kindern“, sagt Lubisch.

Sie weiß, dass 80 bis 90 Prozent der Eltern sehr engagiert sind – aber auch oft unsicher hinsichtlich der Bedürfnisse der Kinder und der Erziehung. Unzählige Tipps gebe es zur Erziehung. Dabei glaubt sie, dass der Satz gilt, der bei ihr im Büro hängt: „Alle Erziehung hat nichts genützt. Meine Kinder machen mir doch alles nach.“

Buchtipp für Trennungskinder und deren Eltern

Juliane Lubisch empfiehlt das Buch „Scheidung auf dinosaurisch: ein Ratgeber für Kinder und Eltern“ von Marc Brown. Das, betont sie, gibt es auch in der Stadtbücherei Hattingen im Reschop-Carré.

In comicartigen Bildgeschichten für Kinder ab acht Jahren werden die möglichen Probleme und Gefühle aller betroffenen Familienmitglieder – insbesondere aber der Kinder – im Scheidungsfall beschrieben.