Hattingen. . Ulrich Schilling-Strack beleuchtet die Entwicklung des Journalismus im Kick. Er berichtet über seinen Start als Journalist in Hattingen.
- Seriöse Zeitung geht mit Print nicht unter, sie braucht andere Transportwege
- Gute Recherche ist die Basis der journalistischen Arbeit
- Problem des Internet: Wer den meisten Radau macht, wird beachtet
„In dem Beruf des Journalisten geht es um die Wahrheit. Das war und ist Kern der Arbeit“, sagt Ulrich Schilling-Strack. Der frühere WAZ-London-Korrespondent sprach im Bürgertreff Kick über die Entwicklung von Journalismus und den Vorwurf der „Lügen-Presse.“
Alternativen Fakten seien schon vor Donald Trump da gewesen. „Aber früher hießen sie Lügen.“ Im Internet sei es leichter zu lügen – und die Versuchung angesichts von Klick-Hascherei größer. „Klicks bringen Geld.“ Das Problem am Internet sei derzeit noch: Der bekomme die meiste Aufmerksamkeit, der den größten Radau mache. „Wer nachfragt und argumentiert, hat wenig Chancen. Das ist eine fatale Entwicklung.“
Andere Transportwege von Zeitungen
Dennoch glaubt Schilling-Strack, dass seriöser Journalismus sich behaupten wird. Er verweist auf die New York Times. „Sie hatte kaum Zukunft. Dann kam Trump und hat sie geadelt als mächtigsten Gegner. Damit hat er sie vor der Bedeutungslosigkeit gerettet.“ Viele Abonnenten habe die New York Times dazu gewonnen – viele allerdings würden das digitale Bezahlangebot wählen.
Der gedruckten Tageszeitung räumt er keine Zukunft ein – der Tageszeitung dagegen schon. „Das Modell Tageszeitung wird nicht mit Print untergehen. Ich glaube an die Zeitung im Internet. Zeitung braucht heute andere Transportwege.“ Das Problem in Deutschland: Nur wenige Zeitungen trauten sich, eine Bezahlschranke einzuführen.
Er schrieb über Eierpreise auf dem Wochenmarkt
Der Experte betont die Bedeutung von Recherche: Zwei Mal nachfragen und drei Mal nachprüfen, ob alles stimmt, das habe er damals gelernt. Er berichtet aus seiner Anfangszeit als Journalist – in Hattingen: „Als ich früher über die Eierpreise auf dem Wochenmarkt schrieb oder über das Derby Oberstüter gegen Bredenscheid, da wurde man ausgelacht, wenn man einen Zahlendreher bei den Preisen hatte oder den Namen des Torschützen falsch geschrieben hatte.“
Der Druck durch konkurrierende Print-Produkte sei heute weg. Der Passant mit dem Handy, der ein Bild mit einigen Worten gleich ins Internet stelle, der sei heute das Problem für die Tageszeitung. Damit könne und solle sie gar nicht konkurrieren. Er sieht das Heil von Zeitungen nicht in der schnellen Nachrichtenübermittlung, sondern in guten Analysen, Hintergrundinformationen und Reportagen.
Die Welt ist komplizierter geworden
Ein Problem sei allgemein teils die Flut der Nachrichten: „Je mehr ich zum Beispiel über den Bürgerkrieg in Syrien erfahre, desto weniger weiß ich, wer Recht hat, wie man eingreifen kann. Die Welt ist komplizierter geworden.“