Hattingen. . Martin Weinzierl ist Mitarbeiter der Stadtbetriebe und dafür zuständig, den Müll wegzuräumen. Mancher entsorgt so ganze Wohnungseinrichtungen.
- Container-Standort Schreys Gasse: „Eine der schlimmsten Dreckstellen“
- Menschen, so der Experte, sind zu bequem zum korrekten Müll-Entsorgen
- Die ersten Container wurden in den 1980er Jahren in der Stadt aufgestellt
Igitt! Volle Windeln liegen neben leeren Wodkaflaschen, stinkenden Essensresten, einem siffigen Toilettendeckel, einem Ölkanister . . . Und so weiter; und so fort. Nein, wir befinden uns hier nicht auf einer Mülldeponie, Martin Weinzierl vom Fachbereich Stadtbetriebe und Tiefbau macht mit seinem Fahrzeug soeben am Container-Standort Schreys Gasse Halt – „einer der schlimmsten Dreckstellen im ganzen Stadtgebiet“.
Der Mann muss es wissen: Schließlich macht er Woche für Woche den Dreck weg, den Bürger dreist neben den Containern abladen.
Für Weinzierl ist „das stinkende Faulheit“
„Stinkende Faulheit ist das für mich“, schimpft Martin Weinzierl, während der Regen den illegal zwischen den Glas- und Papier-Containern abgekippten Unrat noch unansehnlicher und übelriechender werden lässt. Dass jemand mit der illegalen Müllentsorgung Geld sparen möchte, glaubt der 59-Jährige aber eher nicht: „Die meisten Leute, die so etwas tun, sind einfach zu bequem.“
„Wenn man die Bande bloß erwischen würde“, ruft ein Anwohner im Vorbeigehen. Dann könnte man die Übeltäter zur Kasse bitten. Allein: Ganz leicht ist es oft nicht, diese zu überführen.
Tricks, den Tätern auf die Schliche zu kommen
Selbst hier nicht, an Schreys Gasse, wo ringsherum jede Menge Menschen wohnen. Zwar kennt Martin Weinzierl selbst ein paar Tricks, wie er Tätern auf die Schliche kommen kann (die er der WAZ im Gespräch auch verrät, aber aus erklärlichen Gründen nicht in der Zeitung lesen möchte). Hinweise von Bürgern erhält er allerdings selten.
Von einer Videoüberwachung an den Container-Standorten war auf der Suche nach Lösungen gegen die illegale Müllentsorgung schon einmal die Rede. Doch sei eine solche rechtlich kaum möglich, erklärte jüngst Solveig Holste, Fachbereichsleiterin Stadtbetriebe und Tiefbau, auf WAZ-Anfrage. Aber: Es würden zurzeit Konzepte erstellt, „um das Problem einzudämmen“.
Regelmäßig fährt er 74 Container-Standorte an
Inzwischen hat sich Martin Weinzierl seine dicken Arbeitshandschuhe übergestreift, nun greift er zur Schaufel, um den Unrat in den Wagen der Stadtbetriebe zu befördern. Irgendjemand muss die Schweinerei hier ja wegmachen – selbst jetzt, da es in Strömen regnet.
Einmal pro Woche fährt der 59-Jährige jeden der 74 Container-Standorte im Stadtgebiet an, manche wie den in Schreys Gasse auch öfter. „Das habe ich mir im Laufe der Zeit angewöhnt. Ich kann den Dreck hier nämlich nicht sehen.“ Ganze Wohnungseinrichtungen habe er schon zwischen den Containern gefunden, verrät Martin Weinzierl; in solchen Fällen fordert er Verstärkung an. In der Regel aber ist er auf seinen Container-Umfeld-Reinigungstouren allein.
Bei Tätern mangelt es an Wertschätzung für die Stadt
Zwischen den Containern neben der früheren Holschentor-Schule, die er als nächstes aufsucht, sieht es ebenfalls schlimm aus. Auch dieser Standort gehört zu den größten Dreckecken in Hattingen, sagt Martin Weinzierl. Durchnässte Kartons liegen kreuz und quer neben dem noch längst nicht vollen Papier-Container, in direkter Nachbarschaft stehen eine Kiste mit VHS-Kassetten, Tüten mit Restmüll – und eine Einkaufstasche mit der Aufschrift „Heimat neu entdecken“.
Martin Weinzierl erzählt von einem Urlaub in Malmö vor einigen Jahren. „Ohne Ende sauber“ sei es überall in der schwedischen Stadt gewesen, betont er. Und, mit Blick auf die am Boden liegenden Müllberge am Holschentor, sagt er: Manchen Bürgern „mangelt es an Wertschätzung für unsere Stadt“. Wieder greift er zur Schippe…
„Bei der Müllabfuhr war’s schöner“. Und nicht so ekelig
30 Jahre lang hat Martin Weinzierl bei der Müllabfuhr gearbeitet, dann machte der Rücken nicht mehr mit. Als ein Kollege vor einigen Jahren in Rente ging, wurde ihm der Job zur Umfeld-Reinigung der Container-Standorte angeboten. Seine jetzige Aufgabe sei zwar körperlich weniger anstrengend, sagt Martin Weinzierl. „Aber ganz ehrlich: Bei der Müllabfuhr war’s schöner.“ Und weniger ekelig.
Der Regen hat inzwischen nachgelassen – und Martin Weinzierl an diesem Arbeitstag doch noch ein paar erfreuliche Erlebnisse. Am Container-Standort an der Königsteiner Straße liegt bloß ein Stück Pappe auf dem Boden, und an der Bachstraße ist alles picobello.
Wenn es nur überall so wäre.
46,35 Tonnen Abfall vielen 2016 an Standorten an
Die ersten Container-Standorte in Hattingen wurden in den 1980er Jahren eingerichtet. Ein Vertrag zwischen der Stadt Hattingen und der Arge Duales System Ennepe-Ruhr-Kreis aus dem Jahr 1992 regelt die Leerung der Wertstoff-Container durch die AHE. Deren Umfeld wird seit 1993 durch die Stadt gereinigt.
Allein im Jahr 2016 fielen an den 74 Container-Standorten im Stadtgebiet insgesamt 46,35 Tonnen Abfall an. Die Entsorgungskosten dafür (inklusive Personal- und Fahrzeugkosten) beliefen sich auf 87 065,15 Euro. Entsorgt wird der von Bürgern illegal rund um die Container abgeladene Müll bei der DAR am Walzwerk in Hattingen.
Illegales Abladen ist eine Ordnungswidrigkeit
Das illegale Abladen von Abfall stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Für die kann die Stadt Verwarn- und Bußgelder kassieren. Die ordnungswidrige Ablagerung von Altpapier und Altglas an Containerstandorten wird gemäß Ordnungswidrigkeitengesetz mit einem Verwarnungsgeld in Höhe von 35 Euro geahndet, teilt die Stadt mit.
Deutlich teurer kommt Müllsünder das Entsorgen von Farbeimern, Ölfässern, Sperrgut etc. an Containerstandorten zu stehen. Das kann, je nach Menge des Abfalls, mit einem Bußgeld in Höhe bis zu 10 000 Euro geahndet werden. Die Entsorgungskosten muss der ertappte Müllsünder zusätzlich zahlen. In der Regel werde anstandslos bezahlt, so die Stadt.