Hattingen. Die Kirmes in Niederwenigern startet heute. Im Jahr 1707 wollten Händler plötzlich keine Abgaben an den Pastor leisten.

  • Nach der Domsanierung hat die Kirmes rund um den Dom wieder mehr Platz
  • Mehr Schausteller als im Vorjahr bei der Kirmes zum Patronatsfest dabei
  • Damals begann der Königliche Hattinger Rentmeister zu kassieren

Sie hat nach Ende der Domsanierung wieder mehr Platz: die Kirmes in Niederwenigern. Wenn sie heute um 14 Uhr startet (offizielle Eröffnung: 17 Uhr), dann mit vier Ständen mehr als noch 2016. Über 50 sind es.

Für das Trampolin ist wieder Platz, sagt Veranstalter und Schausteller Andreas Alexius: „Neu dabei sind Big Wave, ein kleiner fliegender Teppich, die Kartoffel-Factory und ungarische Spezialitäten.“ Am Samstag gegen 22 Uhr gibt’s – wie immer – ein Höhenfeuerwerk. Am Sonntag um 11 Uhr beginnt das Patronatsfest mit Mauritiusprozession. Parallel zum Gottesdienst findet eine Kinderkirche in der Krankenhaus-Kapelle statt. Kinder können als Römer verkleidet die Prozession bereichern.

Kirmes kommt von Kirchmess

Mit Schmunzeln sagt Pastor Mirco Quint, dass es sich bei der Kirmes um eine „kirchliche Tradition“ handelt. „Das Wort Kirmes ist die Kurzform von Kirchmess. An vielen historischen Orten wurde zum Patronatsfest jährlich ein Jahrmarkt (heute Kirmes) veranstaltet. Nur an wenigen Orten ist diese Tradition erhalten geblieben.“ Zur Kirmes werden seit Beginn an die Reliquien des Heiligen Mauritius und seiner Gefährten aus dem Mauritiusdom durchs Dorf getragen.

Kirmes in Niederwenigern rund um den Dom im Jahr 2016.
Kirmes in Niederwenigern rund um den Dom im Jahr 2016. © Hans Blossey

Gebühren von den Schaustellern bekommt die Kirche heute nicht mehr. Das war mal anders. Dieter Bonnekamp vom Heimat- und Burgverein Essen-Burgaltendorf hat herausgefunden, dass es vor 310 Jahren, also 1707, Zoff auf der Wennischen Kirmes gab.

Brief an den Kurfürsten von Brandenburg

„Damals boten Krämer Waren wie Nadeln, Riemen, Wasser, Lindt, Litzen, Band anlässlich des Patronatsfestes an“, sagt Bonnekamp – immer mit Erlaubnis des Pastors auf dem Kirchhof. Dafür „hat der Pastor Waren in geringem Umfang erhalten, so auch noch 1703“. Doch, zitiert Bonnekamp aus einem Beschwerdebrief des Pastors Melchior Schmidt an den Kurfürsten von Brandenburg, der als Graf von der Mark auch Landesherr in Niederwenigern war, schon seit 1706 weigerten sich einige Händler, dem Pastor etwas zu geben. Denn: Der Königliche Hattinger Rentmeister erhob „im staatlichen Interesse Standgeld“, forderte, dem Pastor nichts zu geben.

Der ärgerte sich außerdem bei der Rückkehr von einer Reise 1707, dass viele Krämer ihre Waren über die Gräber hinweg ausgestellt hätten, die Prozession sei erschwert, Gewänder der Prozessionsteilnehmer seien beschädigt, Gräber zertreten, der Gottesdienst durch Toben und Wüten nach „Branntwein-saufen“ gestört worden. Seine Forderung im Brief: Für den Jahrmarkt einen Platz außerhalb des Kirchengeländes zu finden. Heute steigt die Kirmes immer rund um den Dom. Und Standgebühren gehen allein – an die Stadt.