Hattingen. . Waschbär, Kanadagans und Sumpfkrebs – in unserer Natur leben seit Jahrzehnten viele eingewanderte Tiere. Manche verdrängten einheimische Arten.

Er wusste nicht, ob es nur ein Holzstück war oder etwas Lebendes. Mit einem Ast bewaffnet tastete sich Klaus Kaspers langsam an das handtellergroße Etwas auf dem Gehweg heran. Dann bewegte es sich wie wild und streckte seine Zangen aus. Immer wieder schnappte das Tier nach dem Ast und versuchte reinzubeißen. Zuhause angekommen, recherchierte Kaspers und fand heraus: Es handelte sich um einen Roten Amerikanischen Sumpfkrebs.

Der 67-Jährige hat diese Begegnung bei seiner üblichen Radtour um den Kemnader See gemacht. Der Mann wollte das Tier weg vom Gehweg und sicher zum Bach bewegen, hatte aber regelrecht mit dem Tier zu kämpfen. „Ich habe fast Angst bekommen“, erinnert sich der Apotheker amüsiert.

Einheimische Flusskrebse komplett verdrängt

Flusskrebse gehören in den heimischen Gewässern zum normalen Bestand, aber es gibt keine einheimischen Arten mehr. Da ist sich Wolfgang Schweer sicher, Vorstand des Angel- und Gewässerschutzvereins Ennepe. In der Ruhr und am Kemnader See wurden heimische Edelkrebse komplett von amerikanischen Flusskrebsarten verdrängt. Die Einheimischen sind mittlerweile auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten.

Die ersten amerikanischen Schalentiere kamen Ende des 19. Jahrhunderts nach Europa. Es existieren heute bis zu fünf Arten, die auf unterschiedlichen Wegen kamen. Am weitesten verbreitet sind Kamberkrebs, Signalkrebs und Roter Amerikanischer Sumpfkrebs. Neozoen nennen Fachleute Tierarten, die sich in einem Gebiet eingenistet haben, in dem sie zuvor nicht heimisch waren.

Viele Einwanderer leben an der Ruhr und am See

Um Ruhr und Kemnader See herum leben viele derartiger „Einwanderer“: Nilgänse aus Afrika, Kanadagänse oder südamerikanische Nutria, eine Art Biber. Sogar nordamerikanische Waschbären schleichen herum. Nilgänse und Waschbären bereiten Anwohnern teils derartige Probleme, dass sie zum Abschuss freigegeben sind.

Als Hauptursache für die Verbreitung eingewanderter Tiere sieht die Ökologin Birgit Ehses jedoch menschlichen Einfluss. Gänse wurden früher in Zoos gehalten, Waschbären wegen ihrer Pelze. Auch der Biologe Harald Groß warnt: „Das Aussetzen macht bei den Krebsen die meisten Probleme.“