Hattingen. . Dank der Wassernähe und der vielen an der Ruhr gemähten Grasflächen, finden die Wildvögel in Hattingen ideale Bedingungen.
Die Jagd auf sie ist eröffnet: Kanadagänse dürfen in NRW offiziell seit dem 16. Juli geschossen werden. Mancherorts werden sie vielfach als Plage empfunden – im Essener Grugapark etwa, wo sie verstärkt Spiel- und Liegewiesen vollkoten, oder bei Landwirten, denen sie die Saat wegfressen und so den Ernteerfolg massiv gefährden. Nur in Hattingen, so scheint’s, stören die Wildvögel nur selten.
„Das Vorkommen der Gänse in unserer Stadt beschränkt sich auf wenig bewohnte Gebiete,“ erklärt Stadtsprecher und Nabu-Mitglied Thomas Grießsohn-Pflieger. „Die Tiere werden erst als lästig empfunden, wenn sie in engen Kontakt mit Menschen kommen.“ Die Wildvögel hier seien je nach Jahreszeit im Henrichspark zu finden, am Kemnader Stausee oder an der Ruhr. „Vor allem zwischen Stiepel und der Ruhrbrücke an der Bochumer Straße können sie beobachtet werden.“ Hattingen sei ein beliebtes Überwinterungsziel der Vögel: Bis zu 1500 würden von August bis März hier siedeln. „Was Mallorca für deutsche Rentner ist, ist Hattingen für die Kanadagänse.“
Doch was macht gerade Hattingen für die Vögel aus Nordamerika so attraktiv? „Kanadagänse ernähren sich ausschließlich von Gras. Und Gras, das regelmäßig beschnitten wird, enthält mehr wertvolle Nähstoffe.“ Die großen, gemähten Grasflächen an der Ruhr böten ihnen daher eine ideale Futterversorgung. Zudem sei Hattingens Nähe zum Wasser sehr anziehend für die Vögel. Denn: „Um die Nähstoffe aus dem Gras lösen zu können, müssen sie viel Wasser zu sich nehmen.“
In den Wintermonaten habe man die Möglichkeit, die Wildvögel oft aus nächster Nähe beobachten zu können. „Tagsüber halten sie sich an der Ruhr zum Fressen auf, zum Übernachten geht’s an den Kemnader Stausee.“ Dort würden die Gänsepaare mit ihren Kindern im seichten Wasser nächtigen, geschützt von Räubern und Fressfeinden.
Wie viele Tierschützer spricht sich auch Grießsohn-Pflieger gegen die Jagd der Kanadagänse aus: Die noch sehr kleinen Junggänse irrten ohne Eltern orientierungslos herum, die ökologische Nische, die eine geschossene Gans hinterlasse, werde im Folgejahr von einer anderen besetzt. Zudem sei es sehr unwahrscheinlich, dass sich die Tiere weiter ausbreiten: „Es sind keine weiteren Kapazitäten mehr für die Vögel da, um sich hier anzusiedeln.“