Hattingen. . Eine Hattingerin (22) gesteht vor Gericht einen versuchten Kiosk-Einbruch, um den Mittäter vor einer Gefängnisstrafe wegen einer Falschaussage zu bewahren.

So ungehalten erleben Prozessbeobachter Richter Frank Waab selten, einem Zeugen, dem Dortmunder B., drohte er sogar Beugehaft an – und dabei ging es nur um einen versuchten Einbruch in einen Kiosk. Eigentlich.

Vor Gericht stand eine 22-jährige Hattingerin, die bereits fünf Eintragungen im Bundeszentralregister hat – für Körperverletzung, Diebstahl, Beleidigung, Widerstand gegen Beamte. Mit dem Dortmunder B., der sich in einem gesonderten Verfahren verantworten musste, soll S. laut Anklage am 16. Juni 2015 gegen 1.15 Uhr in Dahlhausen versucht haben, in einen Kiosk einzubrechen. Dabei wurden sie von einem Nachbarn erwischt, der die Polizei rief. Das Duo flüchtete laut Anklage und wurde später in den Ruhrwiesen von Polizeibeamten festgenommen.

Bewährungshelferin berichtet von massiven Kontaktproblemen

S., die gefragt nach ihrem Einkommen Hilfe suchend zu ihrer Mutter blickte und deren Bewährungshelferin auch von massiven Kontaktproblemen berichtete, bestritt eine Tatbeteiligung. Sie habe versucht, B. die Tat auszureden, ließ sich die Mutter einer kleinen Tochter ein. Zudem habe sie unter Ecstasy-Einfluss gestanden, ebenso wie B. Zunächst eine Tablette habe sie vorher genommen, als die Polizei sie dann aufgriffen habe, habe sie zwei weitere Tabletten geschluckt, damit sie nicht bei ihr gefunden werden. Vor der Tat sei sie unter Drogeneinfluss mit B. auf das Dach eines Discounters geklettert, „denn man hat dann Bewegungsdrang“.

Der aufmerksame Nachbar gab als Zeuge für das Gericht glaubwürdig an, dass er gesehen habe, wie S. die Rollade des Kiosks hochgehalten, B. gegen die Fensterscheibe getreten habe. Das Duo war ihm schon zuvor aufgefallen, weil es suchend in die Auslagen der umliegenden Geschäfte geblickt hätte.

Richter verbat sich den Ton

Trotz der Zeugenaussage blieb S. dabei: Sie habe nur gegen die Fensterscheibe gedrückt, um B. zu zeigen, dass er in den Kiosk sowieso nicht reinkäme. Das wertete die Staatsanwältin als Tatbeteiligung. S. beschwerte sich: „Dann hätte ich doch dagegen getreten. Hallo?!?! Ich wollte ihm damit zeigen, dass das nichts bringt.“ Waab verbat sich den Ton.

Der verschüchtert und verängstigt wirkende Zeuge B. (33) gab an, zwei Mal am Kiosk gewesen zu sein, bestritt zunächst eine Tatbeteiligung von S. Sie habe nur am Kiosk gestanden und geguckt, habe ihm die Tat ausreden wollen. Weiter und weiter trieb er die Falschaussage, der Richter drohte schon mit Beugehaft – bis die Beschuldigte eingriff und die Tatbeteiligung gestand, um ihrerseits B. vor einer möglichen Gefängnisstrafe wegen einer Falschaussage zu schützen. Selbige blieb ihr nicht erspart – für drei Monate muss sie ins Gefängnis. Eine Bewährung kam nicht in Frage, da zum Tatzeitpunkt noch zwei Bewährungen liefen.