Gladbeck. Wer gerade knapp 1,4 Millionen Euro übrig haben sollte, für den ist das vielleicht ein interessantes Angebot: Das Land NRW unternimmt erneut den Versuch, das denkmalgeschützte Gebäude am Jovyplatz in Gladbeck zu verkaufen. Die Mieter im alten Finanzamt verunsichert diese Absicht allerdings ein wenig.
Wer Besitzer einer der imposantesten Immobilien der Innenstadt werden möchte und 1,37 Millionen Euro zur Verfügung hat, der kann jetzt quasi die Gelegenheit beim Schopfe packen. Das Bau- und Liegenschaftsamt NRW (BLB) unternimmt einen neuen Vorstoß, um das denkmalgeschützte Gebäude des Ex-Finanzamtes am Jovyplatz in Gladbeck provisionsfrei zu verkaufen. Auch in der WAZ wurde dazu am Wochenende eine Anzeige geschaltet.
Mit dem jetzt neugestalteten Vorplatz ein interessantes Objekt, in das nach dem Auszug der Finanzbehörde 2007 und nach einigen Mühen im Mai 2012 endlich mit dem Beratungs- und Kommunikationsunternehmen C4C creative GmbH als Mieter neues Leben einkehrte.
KreativAmt-Chef ist besorgt
Etwa die Hälfte der insgesamt 141 Büros und Sonderräume unterschiedlicher Größe ist bereits an kreative Köpfe vermietet, somit Erdgeschoss und erste sowie zweite Etage nahezu ausgelastet. Dies als Anschubhilfe zur Etablierung des kreativAmts offenbar zu sehr günstigen Konditionen, da im Kurzexposé zum Verkaufsangebot die Ist-Jahresmieteinnahmen mit nur 6000 Euro beziffert werden.
Der neue Vorstoß der Liegenschaftsbehörde des Landes mit einem offenen Bieterverfahren sorgt jetzt für etwas Unruhe bei C4C-Chef Uwe Jung: „Im Einvernehmen mit der Wirtschaftsförderung der Stadt und der BLB NRW haben wir uns mit Erfolg in den letzten Jahren bemüht, ein kreatives Quartier in Gladbeck zu etablieren und weitere Agenturen und kreative Köpfe als neue Mieter zu gewinnen.“ Dieser laufende Prozess sei wie der vom BLB geplante Fassadenanstrich vor einigen Monaten gestoppt worden, offenbar aufgrund der neuen Verkaufsoffensive, so Jung.
Bieterverfahren wird in mindestens zwei Bieterrunden erfolgen
Der kreativAmt-Chef ist besorgt, dass ein Investor und möglicher neuer Inhaber beim Kauf der Immobilie ganz andere, am Maximalgewinn orientierte Nutzungsziele verfolgen könnte. „Kreative, die mit einer Unternehmensgründung starten, können aber sicher keine 12 Euro Miete pro Quadratmeter zahlen.“
Uwe Jung will so auch selbst seinen „Hut ins Rennen werfen“ und ein Gebot für das Gebäude abgeben. Die Unterlagen dazu habe er angefordert, „aber noch nicht erhalten“. Was den Unternehmer etwas beruhigen mag, das Bieterverfahren wird in mindestens zwei Bieterrunden erfolgen. Dabei nennt das BLB sämtlichen Bietern das Höchstgebot der letzten Bieterrunde. Diese haben dann die Möglichkeit, das eigene Angebot bis zur letzten Bieterrunde nachzubessern, die das Amt dann ankündigen wird.
Die Behörde muss verkaufen
Warum der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW überhaupt das Gebäude verkaufe, fragt sich C4C-Chef Uwe Jung, „für uns ein prima Vermieter, den wir durchaus gerne behalten würden“.
Die WAZ hakte beim BLB nach. „Wenn das Land NRW Grundstücke oder Gebäude für Landesbehörden nicht mehr benötig, ist nach Landeshaushaltsordnung vorgeschrieben, diese zu veräußern“, so die Auskunft der Behörde.
Nach WAZ-Informationen beträgt der jährliche Unterhalt für die Immobilie mit 2215 qm Nutzfläche und 2520 qm Grundstück jährlich rund 25.000 Euro. Seit dem Leerzug 2007 ein Minusgeschäft, da die bislang erzielten Jahresmieten von knapp 6000 Euro die Kosten nicht decken.
Kein Bebauungsplan, der die Nutzungsmöglichkeiten in besonderer Weise einschränkt
Im Verkaufsangebot ist zu erfahren, dass mit der Liegenschaft „vielfältige Nutzungsmöglichkeiten nach § 34 des Bau Gesetzbuches“ möglich sind. Was das heißt, erklärt Stadtbaurat Martin Harter auf Anfrage: „Es gibt demnach keinen Bebauungsplan, der die Nutzungsmöglichkeiten in besonderer Weise einschränkt.“ Dienstleister, Praxen, Wohnungen, auch ein Seniorenheim wären denkbar. Einem Abriss und Neubau (der sich ins Umfeld einpassen müsste) stehe aber der Denkmalschutz entgegen. Und für die Bestandsmieter gelte der Grundsatz: „Kauf bricht Miete nicht.“