Gladbeck. Die Verantwortlichen im Gladbecker St.-Barbara-Hospital sehen sich massiven Vorwürfen eines Patientenangehörigen ausgesetzt. Er macht sie verantwortlich für schlechte Pflege, weil die Stationen unterbesetzt und die Pfleger überfordert seien. Jetzt hat er sogar die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
Pflegenotstand – seit geraumer Zeit ein heiß diskutiertes Thema. In Senioreneinrichtungen und auch in Krankenhäusern sind die Personaldecken dünn. Die Pflegekräfte arbeiten unter enormem Druck, ihre Belastung steigt – häufig nicht ohne Folgen für Pflegebedürftige und Kranke.
Auch im St.-Barbara-Hospital läuft auf den Stationen nicht immer alles rund. Jetzt sehen sich die Verantwortlichen dort massiven Vorwürfen eines Patienten-Angehörigen ausgesetzt. Bernhard Honnen, dessen 79-jährige Mutter seit etwa vier Wochen im Krankenhaus liegt, hat sogar die Staatsanwaltschaft Bochum eingeschaltet wegen des Verdachts auf fahrlässige bzw. vorsätzliche Körperverletzung.
Mutter könnte nicht essen, wenn kein Angehöriger bei ihr wäre
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Die Seniorin wird auf der Station für Innere Medizin behandelt. Die Pflege dort sei „unterstes Niveau“, kritisiert ihr Sohn, der das nicht den Pflegekräften, sondern der Personalpolitik des Hauses anlastet. Wegen der personellen Unterversorgung habe seine Mutter mehrfach 30 bis 45 Minuten in ihrem Kot liegen müssen. Medikamente würden einfach abgestellt, obwohl seine Mutter sie nicht allein einnehmen könne. Auch werde sie zu den Mahlzeiten nicht im Bett aufgesetzt.
Bernhard Honnen in einem Telefonat mit der WAZ: „Sie könnte nicht essen, wenn nicht täglich ein Angehöriger bei ihr wäre, um ihr zu helfen.“ Seine Mutter habe inzwischen jeglichen Lebensmut verloren, ihr geistiger Zustand verschlechtere sich täglich. „Sie vegetiert in Ihrem Hospital nur noch vor sich hin“, schreibt er in einem Beschwerdebrief an den Ärztlichen Direktor Dr. Notger Brüstle.
Nachmittags kümmern sich drei Pflegekräfte um 36 Patienten
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„Wir nehmen die Vorwürfe selbstverständlich ernst und gehen ihnen nach“, versicherte der Chefarzt im Gespräch mit der WAZ. Er habe am Tag, als der Brief ihn erreichte, sofort mit der Patientin und ihrem Lebensgefährten gesprochen und auch dem Sohn ein Gesprächsangebot unterbreiten lassen. Außerdem habe er den Oberarzt der Station und die Pflegedienstleitung um schriftliche Stellungnahmen gebeten. Auf der Station würden derzeit 36 Patienten behandelt, darunter etliche mit erhöhtem Pflegebedarf. Vormittags seien dort fünf, nachmittags drei Pflegekräfte im Einsatz. „Wenn gleichzeitig Rufe aus mehreren Zimmern eingehen, können die Schwestern und Pfleger nicht sofort überall sein. Da kann es leider vorkommen, dass jemand länger warten muss, als auch wir uns das wünschen.“
Auch Pflegedirektor Thomas Kottowski ist mit den Vorwürfen befasst. „Es lässt sich nicht bestreiten, dass Pflegepersonal in Krankenhäusern knapp ist – nicht nur bei uns“, sagte er. „Liebend gern“ würde er mehr Pflegekräfte einstellen, „aber das muss der Stellenplan auch hergeben. Da ist der Gesetzgeber am Zug.“ Die finanzielle Lage sei angespannt: „Nicht von ungefähr mussten die Mitarbeiter der KKEL im vergangenen Jahr auf Teile des Weihnachtsgeldes verzichten.“
Zum konkreten Fall könne er sich noch kein Urteil erlauben. „Wir recherchieren hausintern, sprechen mit den betroffenen Pflegekräften und reden selbstverständlich auch mit den Angehörigen der Patientin.“