Gladbeck. . An jeder weiterführenden Schule in Gladbeck gibt es Cannabis. Das glaubt zumindest Wolfgang Roth von der Drogenberatung Drop Out. Als sogenannte weiche Droge werde Cannabis häufig unterschätzt. Bei unkontrolliertem Konsum kann Kiffen psychische Erkrankungen verursachen.
„Ich bin mir sicher, ohne das Kiffen wäre es nicht passiert.“ Das sagte der 19-jährige Gladbecker, der im Mai seinen Bruder erstach, Anfang der Woche vor dem Essener Landgericht.
Im Allgemeinen gelten Kiffer als friedliche Vertreter, Cannabis als harmlose, als „weiche“ Droge. Cannabis werde häufig unterschätzt, sagt jedoch Wolfgang Roth von der Gladbecker Drogenberatungsstelle Drop Out. „Cannabis – das ist die sympathische Droge. Kiffen wird häufig als unproblematisch angesehen.“ Roth hält dies für einen großen Fehler.
Depression und Psychose
Beratungsangebote für Eltern
„Nicht panisch reagieren“, rät Wolfgang Roth Eltern, wenn ihr Kind Cannabis konsumiert. Die Erwachsenen sollten das Gespräch suchen, sachlich diskutieren, ihre Gefühle mitteilen. Vorwürfe und Verbote seien meist nicht hilfreich.
Die Mitarbeiter des Drop Out bieten auch Beratungen für Eltern an: 204 044.
Dass Cannabiskonsum psychische Erkrankungen nach sich ziehen kann, hat der Diplom-Sozialarbeiter schon oft erlebt: „Wenn man wirklich durchkifft, kann das auch zu einer ausgewachsenen Psychose führen.“
Was ihm zu denken gibt: „Das Einstiegsalter geht immer weiter runter.“ Es sei keine Seltenheit, dass bereits zehn- oder elfjährige Kinder kifften. Die Droge sei unter Jugendlichen weit verbreitet, „an jeder weiterführenden Schule in Gladbeck geht Cannabis rum“, vermutet Roth. „Wenn das so früh anfängt und das Zeug als Problemlöser wirkt, ist das besonders problematisch.“
Flucht aus der Realtität
Kontrollierter Konsum sei für Jugendliche kaum möglich – der Charakter sei oft noch nicht gefestigt genug, um Dosis und Wirkung abzuschätzen. Das sei bei Cannabis genau wie bei anderen Drogen und Alkohol: Wer die Kontrolle verliert, gleitet ab in die Sucht.
„Drogen sind immer eine Flucht. Man verabschiedet sich aus der realen Welt“, beschreibt Roth. Typische Folge regelmäßigen Kiffens sei die Antriebslosigkeit, „Schule und Ausbildung spielen keine Rolle mehr.“ Manche Dauerkiffer erkranken an Depressionen.
Warnsignale für Betroffene und Angehörige: „Es fängt an mit Verhaltensveränderungen – ich bekomme den Arsch nicht mehr hoch – und man merkt, dass man schlecht drauf kommt.“ Cannabis führe zwar nicht zu einer direkten körperlichen Abhängigkeit, allerdings sei die Wirkung auf die Psyche erheblich – der Entzug für Süchtige hart, die Therapie langwierig.