Gladbeck. . Juden und Muslime in Gladbeck begrüßen das neue Beschneidungsgesetz und hoffen auf rasche Herstellung der Legalität. Die rituelle Beschneidung eines Jungen sei ein wichtiger Bestandteil des islamischen Glaubens, ähnlich wie bei Christen die Kommunion oder Konfirmation.
Das vom Bundeskabinett beschlossene neue Beschneidungsgesetz, sorgt für Erleichterung unter den jüdischen und muslimischen Familien in Gladbeck. „Eine wirklich erfreuliche Nachricht, denn das Kölner Urteil hat doch einige Unruhe verbreite“, sagt Adem Saltan vom Vorstand der türkisch-islamischen Gemeinde. Das Kölner Landgericht hatte Anfang Mai die rituelle Beschneidung eines Jungen als rechtswidrige Körperverletzung gewertet.
Beschluss durch Bundestag
Nach Aufforderung durch den Bundestag hat das Justizministerium eine Vorlage für ein neues Beschneidungsgesetz erarbeitet, das vergangene Woche vom Bundeskabinett unter Kanzlerin Angela Merkel beschlossen wurde.
Die Gesetzesvorlage, die als Paragraf 1631d in das Bürgerliche Gesetzbuch einfließen soll, sieht vor, dass die Beschneidung von Jungen zulässig ist. Voraussetzung dabei: Der Eingriff muss nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen und darf das Kindeswohl nicht gefährden. Dies bedeutet im Zweifel den Einsatz von Betäubungs- oder Narkosemitteln.
Der Entwurf sieht zudem vor, dass auch Nicht-Ärzte Kinder bis zu einem Alter von sechs Monaten beschneiden dürfen, unter der Voraussetzung, dafür besonders ausgebildet zu sein.
Der Bundestag muss das Gesetz noch beschließen.
Ein Richterspruch, der auch in der jüdischen Gemeinde auf Unverständnis stieß. „Die rituelle Beschneidung ist ein elementarer Bestandteil unseres Glaubens, den wir seit mehr als 3500 Jahren praktizieren. Die Brit Mila symbolisiert den Eintritt in den Bund, den Abraham mit Gott geschlossen hat“, erklärt Rabbi Chaim Kornblum.
Ein gesunder Junge müsse laut Glaubensgebot bis zum achten Tag nach der Geburt beschnitten werden, erklärt Judith Neuwald-Tasbach von der jüdischen Gemeinde mit Sitz in Gelsenkirchen. Ein ritueller Akt, „der nur von einem speziell ausgebildeten Mann, dem Mohel, ausgeführt werden darf“.
Kritische Sicht der Ärzte
Auch diese Beschneidungspraxis von Nicht-Ärzten erlaubt das neue Gesetzt (siehe unten). „Wir respektieren die Religionsfreiheit, sehen das als Ärzte aber eher kritisch und lehnen diese Art der Beschneidung im Katholischen Klinikverbund Emscher Lippe aus medizinischer Sicht ab“, sagt Oberarzt Sven Hauser von der Kinderurologie des St. Barbara Hospitals. Bis zum Kölner Richterspruch habe man die Zirkumzision, die Entfernung der Vorhaut, bei Jungen ab einem Lebensjahr auf Wunsch und bei Kostenübernahme der Eltern durchgeführt. „Unter Vollnarkose und unter vernünftigen medizinischen sowie sterilen Bedingungen im Sinne einer optimalen Versorgung des Kindes, so Hauser. „Seit dem Urteil des Landgerichtes führen wir nur noch medizinisch notwendige Beschneidungen durch, bei Vorhautverengung oder schweren Entzündungen.“ Man begrüße es und hoffe jetzt sehr, dass das neue Gesetz, „das wieder Rechtssicherheit schafft“, zügig ratifiziert werde.
Die Herstellung der Legalität wünscht sich auch Huriye Aydin. Die Gladbeckerin ließ ihre beiden Söhne (10, 14) selbstverständlich auch vor Jahren in der Klinik beschneiden. „Denn es ist doch klar“, so die Chefin eines Pflegedienstes, „dass türkische Familien auf jeden Fall mit ihren Söhnen das Beschneidungsfest feiern – wenn nicht hier, dann eben in der Türkei. Denn dieses Sünnet sei ein wichtiger Bestandteil des islamischen Glaubens, „ähnlich wie bei Christen die Kommunion oder Konfirmation, die ja auch niemand abschaffen würde.“