Bottrop. . Die Beschneidung bei Jungen soll straffrei bleiben, so sieht es ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Für den Bottroper Chefarzt Dr. Martin Günther ist der Schnitt jedoch keine Frage der Religionsfreiheit. „Der Kinderarzt ist auf das Wohl des Individuums bedacht“, begründet er seine Ablehnung.

Zig Tausende Muslime in Bottrop haben Klarheit: Die Beschneidung bei Jungen soll straffrei bleiben. Das sieht der Gesetzentwurf vor, den die Bundesregierung jetzt beschloss. Doch bei den Experten in der Stadt gehen die Meinungen über die Pläne der Regierung weit auseinander. Dr. Martin Günther, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Marienhospital, lehnt das Vorhaben strikt ab.

Nur unter Vollnarkose

Der Entwurf sieht vor, dass Eltern das Recht haben, der Beschneidung zuzustimmen, wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird. Dazu gehöre eine „wirkungsvolle“ Betäubung, heißt es in der Begründung. Die Neuregelung war nötig geworden, weil das Landgericht Köln die Beschneidung bei Jungen als strafbar bezeichnet hatte. Für Juden und Muslime jedoch ist sie ein wesentlicher Bestandteil der Religion.

Für den Chefarzt Dr. Martin Günther ist der Schnitt jedoch keine Frage der Religionsfreiheit. „Der Kinderarzt ist auf das Wohl des Individuums bedacht“, begründet er seine Ablehnung, „doch ein nicht medizinisch begründeter Eingriff ist mit dem Kindeswohl nicht zu vereinbaren.“ Sollte jedoch eine Indikation bestehen, sollte eine Erkrankung vorliegen, dann sei der Kinderarzt der letzte, der sich dagegen aussprechen würde, eine Zirkumzision durchzuführen. „Aber ich kann nicht sehen, warum eine Beschneidung bei einer gesunden Vorhaut im Sinne des Kindeswohles sein soll.“

Ganz anders hingegen sieht Professor Martin Meyer-Schwickerath, Chefarzt der Klinik für Urologie im Knappschaftskrankenhaus, das Vorhaben. Er ist mit dem Vorhaben der Justizministerin einverstanden. „So können wir zustimmen“, sagte er. Schon die Eckpunkte für den Gesetzentwurf hätten wesentliche Bedingungen aus seiner Sicht erfüllt. „Sie schreiben vor, dass eine Zirkumzision (Beschneidung) unter optimalen medizinischen Voraussetzungen durchgeführt wird.“ Für die Urologen im Knappschaftskrankenhaus eine Selbstverständlichkeit. Sie nahmen in der Vergangenheit etwa 150 Beschneidungen von muslimischen Jungen pro Jahr vor. Und: „Wir machen das ausschließlich unter Vollnarkose.“ Daher lehne seine Klinik Beschneidungen von Jungen, die unter drei Jahren alt seien, auch strikt ab, sagt er. „Das Risiko wäre zu groß.“

Zustimmung kommt auch von Ibrahim Sakarya, Vorsitzender des Integrationsrates in Bottrop. „Wir würden es begrüßen, wenn es so durchkäme.“