Gladbeck. Am 1.-Mai-Feiertag nahmen die Gewerkschaften bundesweit die Finanz- und Eurokrise ins Visier. Auch in Gladbeck drehte sich die Kundgebung in der Stadthalle um dieses Thema. IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel kritisiert, Reiche wollten “durch die Bewältigung der Krise noch reicher werden“.

„Diese ganze Krise ist bislang eine gigantische Umverteilungsaktion zugunsten der Reichen“, rief der IG-Bau-Bundesvorsitzende Klaus Wiesehügel den Hunderten von Gewerkschaftern in der Stadthalle zu. Ein politischer Kurswechsel sei dringend nötig - die Bewältigung der Finanz- und Währungskrise dürfe nicht länger auf den Schultern der kleinen Leute ausgetragen werden. Impulse für Wachstum und Beschäftigung seien europaweit gefragt; Klaus Wiesehügel forderte einen Marshall-Plan für Europa, „der den Menschen neue Hoffnung gibt“.

Auch ein Finanzmarkt-Regulierungssystem und eine Börsen-Transaktionssteuer seien notwendig, um der Macht von Märkten und Börsen zu begegnen. „Die Reichen wollen durch die Bewältigung der Krise noch reicher werden. Und wenn dann ein Land geplündert ist, zieht die Spekulanten-Kolonne einfach weiter“, sagte der Gewerkschafts-Chef mit Blick auf Griechenland und weitere Euro-Krisenländer.

Wiesehügel: „Braunen Sumpf entschlossen trockenlegen“

Wiesehügel fordete auch ein entschlossenes Vorgehen des Staates gegen Rechtsextremisten und rechte Terroristen. Die Ermittlungsbehörden müssten den „braunen Sumpf“ genauso entschlossen bekämpfen wie sie es in den 70er Jahren bei den RAF-Terroristen getan hätten.

Ob prekäre Beschäftigung oder Altersarmut - der IG-Bau-Chef zeigte in der Gladbecker Stadthalle zu vielen Detail-Plänen klare Kante, genauso wie es der Gladbecker DGB-Chef Roger Kreft im Vorfeld des 1. Mai angekündigt hatte. Und zudem erhielt Wiesehügel jede Menge Glückwünsche: Er feierte am Dienstag seinen 59. Geburtstag. Roger Kreft übergab als Präsent die gedruckten Schüler-Dokumentationen zur Stolperstein-Aktion und auch Ruhrpott-Kohle in der Dose.

IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel in Gladbeck: „Ein Marshall-Plan für Europa ist nötig.“ Foto: Dirk Bauer / WAZ FotoPool
IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel in Gladbeck: „Ein Marshall-Plan für Europa ist nötig.“ Foto: Dirk Bauer / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

Zu Beginn der Kundgebung richtete Bürgermeister Ulrich Roland (SPD) ein Grußwort an die Teilnehmer. Auch er nutzte seine Rede für aktuelle Statements. Für den Sparkurs und die Haushaltskonsolidierung in Europa dürften nicht allein die Arbeitnehmer zur Kasse gebeten werden, sagte Roland. „Jetzt ist es einfach an der Zeit für einen spürbaren Lohnzuwachs.“

Bürgermeister verteidigt nochmals seinen Auftritt am Verdi-Truck

Roland erinnerte auch an seinen Auftritt am Info-Truck der Gewerkschaft Verdi im Zuge der jüngsten Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Er hatte dort vor dem Rathaus die Tarif-Forderungen der Gewerkschaft entgegengenommen; das entsprechende Zeitungsfoto in der WAZ war von der CDU heftig kritisiert worden, weil der Bürgermeister damit angeblich die Gewerkschaftsforderung unterstützt habe.

„Selbstverständlich werde ich auch künftig die Verdi-Tarifforderungen entgegennehmen. Auch wenn es der CDU nicht passt“, rief Roland den applaudierenden Menschen in der Stadthalle zu. Er ergänzte: „Sich nur am 1. Mai in die Nähe von Gewerkschaften zu begeben, das ist für mich nicht glaubwürdig.“

Vor der Kundgebung in der Stadthalle hatte es noch den traditionellen Umzug durch die Stadtmitte gegeben - und zuvor fand der gemeinsame Gottesdienst der christlichen Kirchen und islamischen Gemeinden statt.