Gladbeck. .

Heute jährt sich der Weltfrauentag zum 100. Mal – und noch immer sind die Geschlechter nicht in allen Bereichen gleichberechtigt. Die WAZ fragte bei Gladbeckerinnen nach: Fühlen Sie sich gleichberechtigt? Und wo gibt es Verbesserungsbedarf?

Deike Mühlenbruch, Geschäftsführerin der Mühlenbruch Schreinerei: „Ich fühle mich völlig gleichberechtigt, in unserem Betrieb war das schon immer so, meine Mutter hat gleichberechtigt an der Seite meines Vaters gearbeitet. Es gibt allerdings immer noch Vorurteile gegenüber weiblichen Auszubildenden im Handwerk. Wir bilden schon lange Tischlerinnen aus. Aber es bewerben sich noch viel zu wenige Mädchen. Ich wünsche mir, dass auch andere Tischlerkollegen weibliche Auszubildende einstellen.“

Gabriele Grollmann: Abteilungsleiterin im Ordnungsamt: „Frauen und Männer werden nach wie vor ungleich behandelt. Ein Problem ist, dass sich für Frauen Beruf und Familie nicht vereinbaren lassen. Außerdem wird immer noch ungleich entlohnt. Frauen haben auch nicht die gleichen Aufstiegschancen. Ein weiteres Problem sehe ich in der sozialen Absicherung vor allem bei Frauen, die zu Hause bei den Kindern geblieben sind.

Elisabeth Friedrich, Inhaberin Reformhaus Lenz: „Ich persönlich fühle mich absolut gleichberechtigt, aber ich habe es vielleicht mit meiner Selbstständigkeit auch ein bisschen einfacher als andere Frauen. Generell gilt heute noch: Frauen mit Kindern haben es schwerer als Männer, Karriere zu machen. In diese Verantwortung müssten die Väter stärker eingebunden werden.“

Pfarrerin Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup: „Ich wünsche mir in allen gesellschaftlichen Bereichen mehr Frauen in Toppositionen. Leider haben immer noch die Frauen die Frage zu beantworten, wie sie Familie und Beruf unter einen Hut kriegen.

Petra Appelhoff, Stadtteilbüro Brauck: „Mir fallen in Werbung und Filmen wieder verstärkt die typischen Rollenverteilungen auf. Mein Anliegen: Dass Frauen und Männer sich gemeinsam aufmachen, diese Rollen aufzubrechen.“

Kerstin Franzke, Jugendpflegerin: „Es muss bezüglich der Gehälter – also gleicher Lohn für gleiche Arbeit – noch viel mehr passieren. Ich wünsche mir auch mehr Frauen in Führungspositionen. Für all das braucht es aber mehr moderne Männer. Im Rollenverständnis der Männer herrscht teilweise große Verunsicherung. Bei den Frauen ist das historisch bedingt anders: Die 68-er-Generation weiß, was und wohin sie will. Für junge Männer und Jungen wünsche ich mir stärkere Unterstützung im Rollenfindungsprozess.“

Jutta Haug, SPD-Europaabgeordnete: „Rechtlich haben wir schon viel erreicht. Der Grundsatz, wonach Männer und Frauen für gleiche Arbeit Anspruch auf gleiches Entgelt haben, ist im EU-Vertrag verankert. Allerdings unterscheiden sich Bruttostundenlöhne von Männern und Frauen weiterhin stark: In Deutschland bekommen Frauen bis zu 23 Prozent weniger als Männer. Und nur knapp ein Fünftel der Führungspositionen ist mit Frauen besetzt. Es ist noch ein weiter Weg bis zur gleichberechtigten Teilhabe.“

Barbara Richter, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt: „Als ich meinen Dienst antrat, war ich eine emanzipierte, freche, mutige, vorlaute allein erziehende Mutter. Die drei „K“ (Kinder, Küche, Kirche) waren mir stets suspekt. Meine Werte waren und sind: Kommunikation, Konfliktfähigkeit, Konsequenz. Statt Dienen und Danken bevorzuge ich deutliche Worte und durchsetzungsstarkes Handeln.“

Karoline Dumpe, Künstlerin: „Die Frauen sind angekommen. Sie müssen aber ihre Möglichkeiten nutzen, manche tun das nicht. Frauen und Männer haben unterschiedliche Fähigkeiten und Qualitäten, beide zusammen ergeben einen Mehrwert. Gemeinsam sind wir stark! Statt eines Frauentags brauchen wir einen Jungentag. Die bleiben auf der Strecke. „

Sandra Steiger, Schwimmtrainerin: „Ich fühle mich gleich berechtigt genug. Natürlich gibt es immer noch gewisse Bereiche, in denen Frauen benachteiligt werden. Aber an anderer Stelle werden wiederum Männer benachteiligt. Das gleicht sich aus. Dennoch: Es fehlt an emanzipierten Männern. Emanzipation ist keine Einbahnstraße.“