Gladbeck. Ein Gladbecker will seine Freundin heiraten. Es beginnt ein Verwirrspiel um Postillen und die russische und ukrainische Sprache – mit Happy End?

Eine Hochzeit ist ja etwas schönes, der schönste Tag im Leben, sagt man sogar. Klar, so eine Eheschließung ist immer mit Arbeit verbunden, selbst, wenn man nur standesamtlich heiraten möchte. Mit einer solchen Odyssee, sagt der Gladbecker Johannes Stienen, habe er aber nicht gerechnet. Er möchte seine Freundin Lyudmila heiraten, gebürtige Ukrainerin, aber schon seit 20 Jahren in Besitz des deutschen Passes, ohne doppelte Staatsbürgerschaft.

„Wir sind schon davon ausgegangen, dass wir einige Unterlagen vorzeigen müssen, waren aber frohen Mutes, bis zu unserem Urlaub in Odessa ab dem 10. Juli verheiratet zu sein“, sagt Stienen. Denn in Odessa, da wohnen die Kinder, die das Paar gerne erstmals als Ehepaar besuchen wollte. Den ersten Kontakt mit dem Gladbecker Standesamt nahmen die beiden am 16. Mai auf – und damit begann ein Marsch quer durch den Behördendschungel, der bis in den September reichen sollte. Aber, so viel sei schon mal verraten: Es gibt ein Happy End.

Heiraten in Gladbeck: Russisch und Ukrainisch sorgen für Verwirrung

Die ersten Probleme bringt der Name der Braut in spe mit sich, beziehungsweise die Tücken der ukrainischen und russischen Sprache, und das gleich mehrfach. So steht auf der Heiratsurkunde aus erster Ehe der Mädchenname Olejnik (russische Schreibweise), nach der Eheschließung dann Savranskaja (russisch). Auf der Sterbeurkunde jenes ersten Ehemanns steht wiederum Savranska (ukrainische Schreibweise), geborene Olijnyk (ukrainisch). Obendrauf fand sich auch der Vorname in verschiedenen Schreibweisen, fast immer Lyudmila, bis auf die Heiratsurkunde, dort heißt sie Ljudmila.

Auch interessant

Noch dazu fehlt auf allen sogenannten Personenstandsdokumenten aus der Ukraine eine Postille (ein Dokument, das die Echtheit einer Urkunde beglaubigt), also versucht die Tochter, einen Termin beim Amt in Odessa zu vereinbaren. „Die Antwort aus Odessa“, erinnert sich Stienen, „war dann: ‘eine Postille auf ein über 20 Jahre altes Dokument? Sie scherzen wohl.’“

Standesamt Gladbeck erlässt Eheleuten in spe die Postillen-Pflicht

Und dann wird es erst richtig unübersichtlich. „Mittlerweile widmet sich die fünfte Person unserem Ansinnen der Heirat“, erzählt Johannes Stienen, „und jetzt braucht es auch noch das Eheregister meiner ersten Ehe vom Standesamt Selm.“ Das Standesamt Gladbeck, so die letzte Information der Brautleute in spe, warte nun auf eine „Erklärung“ aus Berlin. Da wird Stienen emotional. „Meiner Partnerin wurde ihre Ausbildung zur Klavierlehrerin für Kinder hier nicht anerkannt. Also machte sie in Deutschland eine weitere Ausbildung zur Erzieherin und arbeitet seit gut 20 Jahren in Kindergärten. Sie darf hier also arbeiten, Kinder erziehen, Steuern zahlen, aber heiraten? 20 Jahre waren die Unterlagen in Ordnung. Für eine Heirat aber nicht.“

Aber nun, das bestätigt Stadtsprecherin Christiane Schmidt auf Anfrage, wendet sich doch irgendwie alles zum Guten. Erstmal zum Thema Postille: „Die Postille für die ukrainischen Dokumente ist grundsätzlich gesetzlich vorgeschrieben und somit verpflichtend. Es gibt auch keine Ausnahmeregelung aufgrund des Krieges.“ Nachdem Stienen der Stadt allerdings berichtete, dass die Postillen in Odessa nicht mehr zu bekommen sind, „hat das Standesamt ihnen zugestanden, auf die Postille zu verzichten.“

Namensprobleme in Gladbeck: Versäumnis bei der Einbürgerung

Problem eins schonmal gelöst. Schwerwiegender sei aber die Namensverwirrung gewesen, sagt Schmidt, und hier kommt nun auch die „Erklärung“ aus Berlin ins Spiel. „Im Personenstandswesen muss eindeutig geklärt sein, wie der Name hier in den Urkunden aufgeführt wird, um spätere Schwierigkeiten beim Auffinden und der Anerkennung von Dokumenten (so wie sie jetzt leider aufgetreten sind) zu vermeiden. Bei der Einbürgerung müsste damals, vor über 20 Jahren, eigentlich eine Erklärung zur Schreibweise des Namens abgegeben worden sein.“

Die Gladbecker Stadtsprecherin Christiane Schmidt erklärt, wieso die Eheschließung von Johannes Stienen und seiner Freundin so langwierig war.
Die Gladbecker Stadtsprecherin Christiane Schmidt erklärt, wieso die Eheschließung von Johannes Stienen und seiner Freundin so langwierig war. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Wurde sie aber wohl nicht, weshalb das Gladbecker Standesamt sie jetzt nachträglich einholen musste, die Rückmeldung sei erst Anfang September eingegangen. „Die Klärung hat insgesamt leider lange gedauert, weil viele Behörden beteiligt waren. Sofern jetzt vor Ort eine Erklärung zur Schreibweise des Namens abgegeben wird, kann aber jetzt endlich ein Termin zur Eheschließung vereinbart werden und die Urkunden-Situation ist dann geklärt, sodass es zukünftig keine solchen Hürden mehr geben sollte“, so Christiane Schmidt.

Heiratsquerelen in Gladbeck: Am Ende siegt die Liebe

Was das Eheregister aus Selm und die fünf Ansprechpartner angeht, sieht die Stadt Gladbeck die Dinge ein wenig anders. „Dass ein Eheregister aus Selm notwendig ist, wurde laut unserer Kollegen Herrn Stienen in einem der ersten Gespräche mitgeteilt“, so Christiane Schmidt. Und die vielen Ansprechpartner? „Meines Wissens hat Herr Stienen im Standesamt mit zwei Personen gesprochen. Danach hat sich Herr Stienen dann an unser Beschwerdemanagement gewendet, dort sind andere Kolleginnen tätig.

Aber vielleicht ist der ganze Verdruss für die Eheleute bald vergessen, denn „am 22. September ist endlich ein Termin zur Festlegung der Eheschließung verabredet“. Love wins.