Gladbeck. Wie soll künftig geheizt werden, welche Heizungen sind überhaupt noch erlaubt? Die Verunsicherung ist groß, merken die Installateure vor Ort.
Frank Steinbock könnte das Geschäft seines Lebens machen. Der Gladbecker Heizungsbauer wird derzeit von Anfragen überrollt. Kunden wollen wissen, ob sie nun eine Wärmepumpe in ihrem Haus einbauen lassen müssen oder drängen ihn, noch rasch eine Öl- oder Gasheizung zu installieren, bevor keine neuen mehr installiert werden dürfen. Steinbock ist im Vorstand der Sanitär-Heizung-Klima-Innung für Bottrop und Gladbeck. Daher weiß er sehr genau: So wie ihm geht es derzeit allen Kollegen in der Branche.
Steinbock spricht von einer „katastrophalen Lage“ und einem „Tsunami an Anfragen“, seit das Thema erstmal an die Öffentlichkeit kam. Pro Tag erhalte er derzeit drei bis vier Anrufe, in denen es um die Erneuerung von Heizungsanlagen geht. „Das habe ich so noch nicht erlebt“, sagt der erfahrene Installateur. Dabei hatte sich die Lage gerade erst wieder etwas beruhigt, war die Aufregung nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine etwas zurückgegangen.
Ölheizungen sind für dieses Jahr ausverkauft, lange Lieferzeiten auch für Gasheizungen
Die Folge nun: Ölheizungen seien inzwischen ausverkauft, für dieses Jahr nicht mehr lieferbar, und auf die neue Gasheizung wartet man inzwischen auch drei bis vier Monate. Die Hersteller hätten überhaupt nicht die Kapazitäten, um die Nachfrage zu befriedigen – und das gelte eben nicht nur für die Wärmepumpe. Die Menschen, mit den er und seine Kollegen dann am Telefon sprechen, hätten Angst und seien wütend, berichtet Steinbock. Die Verunsicherung sei groß – nicht nur bei den Kunden: „Wir sollen jeden Tag beraten, doch letztlich gibt es nur einen Gesetzesentwurf.“
Die Fragen, die sich Steinbock und die anderen Betriebe stellen: Bleibt es bei den Altersgrenzen, die im Raum stehen? Bleibt es bei den Fristen? Welche Ausnahmen gibt es womöglich? Bekannt ist, dass Öl- und Gasheizungen, die älter als 30 Jahre sind, ausgetauscht werden müssen. Das ist bereits in der jetzigen Fassung des Gebäudeenergiegesetzes enthalten, das zuletzt 2020 von der Großen Koalition geändert wurde. Zuletzt hatte der Bundeswirtschaftsminister selbst davon gesprochen, Fristen bei Bestandsgebäuden zu verlängern.
Gladbecker Innungsmeister spricht sich CO2-Preise und Emissionshandel aus
Steinbock befürchtet jedoch, dass nun genau das passiert, was man ja eigentlich verhindern wolle, dass nun mit aller Macht die Öl- und Gasheizungen noch eingebaut werden, um möglichen Verboten zuvor zu kommen. „Das ist der Angst geschuldet.“
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Ginge es nach ihm, sollte man ein Verbot von Gas- und Ölheizungen verhindern. Er spricht sich für eine CO2-Bepreisung aus. Heißt: Wer künftig Gas oder Öl verbrennt und so CO2 produziert, sollte dafür zahlen. Zusätzlich könnte es Anreize für diejenigen geben, die auf klimaschonende Heizungen wie etwa die Wärmepumpen umgestiegen sind. Die könnten dann ihre Verschmutzungsrechte verkaufen – so wie es Besitzer von Elektroautos heute auch schon können, wenn sie Ökostrom nutzen. Ein solcher Emissionshandel könne ein Weg sein, glaubt Steinbock.
Mehr Aufwand bei immer weniger Fachkräften
Was ihm und seinen Kollegen ebenfalls zusetzt: Die Industrie kommt mit der Produktion nicht hinterher. War es früher möglich, die Geräte auf Abruf zu bestellen, werden sie heute geliefert, wenn sie da sind – teils aber unvollständig. Die Firmen vor Ort müssen sie einlagern und auch kurzfristig Termine zum Einbau vereinbaren – da würden auch Kunden schon mal gefragt, ob man dann morgen die Heizung einbauen könne. „Für uns ist das im Moment eine richtig bescheidene Situation“, sagt der Innungsmeister. Es gehe viel Zeit drauf, um Material hinterherzutelefonieren. „Teilweise helfen sich die Betriebe da schon gegenseitig aus.“
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„Man könnte sagen, Robert Habeck ist unser bester Werbemanager“, so Steinbock ironisch. Denn ohne diese Verbotsdebatte gebe es diesen Hype gar nicht, sagt Steinbock mit Blick auf die Wärmepumpe. Wobei er nicht falsch verstanden werden möchte. Die Technik sei gut, nur brauche es einfach auch Zeit, sie flächendeckend zu installieren und sie müsse zum Haus passen. Im Moment gleiche das alles jedoch einem „Vorgehen mit der Brechstange“. Er verweist zum einen auf Lieferengpässe, die man entzerren könnte, wenn Austauschfristen verlängert würden, zudem fehle es auch an Fachkräften.
Steinbock rechnet vor: Der Einbau einer Wärmepumpe dauere eine bis anderthalb Wochen. Der Austausch einer Gasheizung sei in zwei Tagen zu schaffen. Bedeutet also, dass die vorhandenen Mitarbeiter in dem selben Zeitraum wesentlich weniger Geräte tauschen könnten. „Und wir hatten ja schon vor Corona Fachkräftemangel“, sagt er mit Blick auf seine Branche. Steinbock selbst hat Glück, fürs kommende Ausbildungsjahr hat er zwei Azubis gefunden, ihnen prophezeit er einen „todsicheren Job“, sollten sie die Ausbildung schaffen. „Ich glaube auch, dass im Handwerk künftig Akademikergehälter gezahlt werden.“ In den vergangen Jahren sei die Wertschätzung fürs Handwerk und für die Arbeit im Handwerk nicht besonders groß gewesen, so Steinbocks Einschätzung. Das drehe sich langsam wieder.