Essen./Gladbeck. Gebühren der Stadt Gladbeck musste er kassieren, füllte mit dem Geld aber die eigene Tasche. Jetzt steht der Ex-Beamte vor Gericht.

Gebühren durfte der 39-Jährige im Ausländeramt der Stadt Gladbeck kassieren. Aber dieser Vertrauensstellung wurde er nicht gerecht, lenkte von 2020 bis 2021 rund 30.000 Euro in die eigene Tasche. Vor dem Landgericht Essen legt er am Donnerstag ein volles Geständnis ab.

Untreue in 314 Fällen wirft die Anklage ihm vor. Schwer fielen ihm die Taten offenbar nicht. Ausländern, die bei ihm einen Reiseausweis oder eine Aufenthaltserlaubnis beantragt hatten, nahm er dafür Gebühren ab. Mal 60 Euro, mal 100. In den meisten Fällen zahlten seine Kunden mit Bargeld.

Kassierte Gebühren nicht gebucht

Dafür bekamen sie eine Quittung. Was sie nicht wussten: Der korrekt wirkende Beamte sorgte mit gefälschten Belegen dafür, dass einige der Beträge nicht im Buchungssystem der Stadt auftauchten. Bei der Masse der Fälle fiel die Selbstbereicherung nicht auf. „Manchmal standen 200 Leute vor der Tür“, erzählt er und kritisiert, dass die Stadt es ihm leicht gemacht habe: „Es fehlte ein Kontrollorgan.“

Bevor er dies erzählt, muss die VII. Strafkammer sich aber erst mit einem Antrag von Verteidiger Oliver Verkamp auseinandersetzen. Er wollte die Öffentlichkeit ausschließen lassen, weil „die persönliche Motivation des Angeklagten sehr weit in den familiären Bereich geht“.

Öffentlichkeit geht vor

Die Kammer lehnt das ab. Richterin Karin Maiberg: „Betroffen ist nur die Privatsphäre, nicht aber höchst intime Dinge. Deshalb hat das Prinzip der öffentlichen Verhandlung hier Vorrang.“

Anschließend legt er ein Geständnis ab. An Einzelheiten kann er sich nach eigenen Worten nicht erinnern: „Bei mir hatte sich ein kompletter Automatismus entwickelt. Das gehörte für mich zum Vorgang.“

Immer das neueste Handy

Ausführlich erzählt er aber, warum er auf die schiefe Bahn geraten ist: „Das Problem ist, dass ich mich durch materielle Dinge meinte behaupten zu müssen und ein Gefühl der Leere zu stopfen.“ Konkret heißt das, dass er immer die besten Sachen haben wollte: "Das neueste Handy, super Skier oder die neueste Play Station."

Das alles sei hinter dem Rücken seiner Frau geschehen, versichert der Familienvater ungefragt. Dann berichtet er weiter von seinem Luxusleben: „Dreimal im Monat habe ich Sushi für 50 bis 80 Euro geholt. Und eine Couch für 4000 Euro gekauft. Und zwei Autos hatten wir.“ Aber nach richtigem Luxus hört sich das alles nicht an. Auch die Fahrzeuge zählen nicht zur Angeberklasse.

Keine Anerkennung gefunden

Er versucht zu beschreiben, wie er sich Anerkennung verschaffen wollte: „Ich ließ das iPhone auf dem Tisch liegen. Tatsächlich hat das aber keiner beachtet.“

Er flog dann auf, weil ein Kollege Misstrauen geschöpft hatte. Seinen Job verlor er natürlich, ist nicht mehr Beamter. Später kam heraus, dass er auch 2018 und 2019 Geld veruntreut hatte. Einsichtig gibt er sich vor Gericht: „Ich hatte Familie, Kinder, Hund und war Beamter. Andere träumen davon. Trotzdem fühlte ich mich nichts wert.“

Einen Großteil des Schadens hat er zurückgezahlt, seine Frau hält nach seinen Worten zu ihm. Einen Job im öffentlichen Dienst hat er auch wieder. „Aber ohne Publikum und ohne Berührung mit Geld“, betont er. Der Prozess wird fortgesetzt.

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