Gladbeck. Mit dem Ende der Sommerferien steigen auch die Positiv-Quoten in Gladbecker Teststellen. Viele Urlaubsreisende haben das Virus mitgebracht.
Im Urlaub haben sich viele Heimkehrer offensichtlich mit dem Coronavirus infiziert. Eine Anfrage bei Gladbecker Teststellen ergibt einen grundsätzlichen Anstieg der positiven Ergebnisse, teils fast bei jedem zweiten Getesteten. Die von den Behörden veröffentlichten Inzidenz-Zahlenin Gladbeck und im Kreisgebiet sind hingegen rückläufig. Diese offiziellen Meldeergebnisse müssen indes mit Vorsicht betrachtet werden, sagen Fachleute.
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Zunächst zum Sachstand: „Wir stellen mit dem Ende der Sommerferien einen deutlichen Anstieg der Positivfälle in unseren Testzentren fest“, sagt Rotkreuzleiter Wilhelm Walter. Das DRK führt Bürgertestungen in der DRK-Stelle an der Bottroper Straße 6 in der Innenstadt und im „Hauptquartier“ des Kreisverbandes an der Europastraße 26 in Brauck durch. „Mit aktuell einem Anteil von etwa 45 Prozent ist fast jeder zweite Getestete positiv“, so Walter. Vor den Ferien habe der Anteil bei etwa 20 Prozent gelegen.
Jetzt kommen vorrangig diejenigen mit Krankheitssymptomen zum Testen
Einen Anstieg stellt auch das Testzentrum Gladbeck an der Maria-Theresien-Straße 6 in Ellinghorst fest. „Wir merken, dass es seit den Sommerferien mehr werden. Mittlerweile ist etwa jeder vierte bei uns Getestete positiv. Vor Ferienbeginn lag die Quote bei etwa 15 Prozent“, sagt Betreiber Christoph Hochhäuser. Festgehalten werden müsse aber auch, „dass sich seit dem nicht mehr immer kostenlosen Bürgertest generell weniger Menschen testen lassen“. Jetzt sei es so, sagt auch Patrick Schürhoff vom Schnelltestdienstleister TestCov (Teststellen am Festplatz und am Glückauf-Center), „dass wohl vermehrt diejenigen zum Test kommen, die Krankheitssymptome verspüren“. In seinen Gladbecker Teststellen liege die Positiv-Quote „aktuell bei 32 Prozent“. Sei zuvor etwa jeder fünfte Getestete infiziert gewesen, ist es nun als schon jeder Dritte. „Bei uns sind es vor allem Mallorca-Heimkehrer“, so Schürhoff.
Teststellen haben Probleme bei der Kostenabrechnung
Patrick Schürhoff von TestCov berichtet, dass es momentan eine hohe finanzielle Belastung für Teststellenbetreiber gebe. Grund sei, dass es bei der Abrechnung mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) derzeit Probleme gebe. Die Bezahlung durchgeführter Tests sei ausgesetzt worden.
Hintergrund sei die Vielfalt der Abrechnungsmöglichkeiten und der Dissens der KV mit dem Gesundheitsministerium. Anders als die Behörde sage die KV, „dass es nicht möglich ist zu überprüfen, ob der Teststellenkunde tatsächlich zum kostenlosen Test berechtigt war oder nicht“, so Schürhoff.
Derzeit werden Bürgerinnen und Bürger bei der Anmeldung nach dem Grund der Testung gefragt, dieser wird dokumentiert. Kostenlos ist der Bürgertest zum Beispiel weiterhin, wenn ein Besuch in einem Seniorenheim oder einem Krankenhaus erfolgen soll. Nachweise zu dieser erfolgten Selbstauskunft werden aber nicht verlangt bzw. geprüft.
Schürhoff sagt, dass TestCov derzeit die Gehälter für die mehr als 300 Beschäftigten und Materialkosten seiner 32 Teststellen (rund 300.000 Euro monatlich) in Vorleistung aus den erwirtschafteten Rücklagen trage. Mit Hoffnung auf schnelle Klärung der Abrechnungsmodalitäten. Er befürchtet: „Dass kleinere Betreiber das nicht können, schließen müssen und das Ganze zu Lasten der Teststellen-Infrastruktur geht“.
Diesem aktuellen Lagebild von den Corona-Schnellteststellen im Stadtgebiet stehen im Gegensatz die amtlichen Zahlen gegenüber. Denn die 7-Tage-Inzidenz in Gladbeck, wie auch im Kreisgebiet ist weiter gesunken. Sie liegt in Gladbeck am Freitag bei 372,1 (Vorwoche 476,7) und im Kreis Recklinghausen bei 370,8 (433,8). Bekanntlich wird die Infektionsentwicklung nicht mehr tagesaktuell dargestellt. Der Kreis Recklinghausen hat gemeinsam mit seinen zehn Städten beschlossen, die detaillierte Veröffentlichung der Zahlen auf einen Tag in der Woche zu beschränken. Es werden immer freitags die Daten für die kreisangehörigen Städte zur Verfügung gestellt.
Die offiziell vermeldeten Inzidenzwerte weisen gewisse Unschärfen auf
Fachleute sagen, dass die Inzidenzwerte grundsätzlich mit etwas Vorsicht zu betrachten sind, da eine hohe Zahl an Fällen nicht in den RKI-Daten erfasst sei. Ein Grund dafür: ein überlastetes Melde- und Testsystem. Eine Rolle könnte auch spielen, dass einige Menschen ihren positiven Selbst- oder Schnelltest nicht mit einem PCR-Test abklären lassen. Sie tauchen dann auch nicht in der Statistik auf.
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Auch Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme können das Bild verzerren. Oder eben die Tatsache, dass viele Bundesländer am Wochenende Zahlen gar nicht oder nicht vollständig ans Robert Koch-Institut (RKI) melden. Die Gesundheitsbehörde des Bundes hatte selbst schon darauf hingewiesen, dass in Ferienzeiten bei der Interpretation der aktuellen Fallzahlen zu beachten sei, dass es aufgrund der damit verbundenen geringeren Test-, Melde- und Übermittlungsaktivität kurzfristig zu einer erhöhten «Untererfassung» der Fälle im Meldesystem kommen könne. Bedeutet: Die Infektionszahlen könnten im Grunde höher sein. Auch in Gladbeck.