Gladbeck. Das Kreispolizeipräsidium beteiligt sich am bundesweiten Tag gegen politische Hasspostings. Auch in Gladbeck werden Lokalpolitiker angegriffen.

Das Polizeipräsidium Recklinghausen beteiligt sich am bundesweiten Aktionstag (22. März) gegen politische Hasspostings. Auch im Zuständigkeitsbereich der Polizei Recklinghausen laufen Ermittlungen gegen Menschen, die mutmaßlich Hassbotschaften verbreitet haben. Aus diesem Grund wurde am Montagmorgen in Marl die Wohnung eines Mannes durchsucht, der in den sozialen Medien ein Hass-Posting gegen eine Bundestagsabgeordnete veröffentlicht hatte. Solche Anfeindungen betreffen aber auch die Lokalpolitikin Gladbeck, von der Bürgermeisterin bis zu Parteivorsitzenden.

„Viele Schreiber wiegen sich in den sozialen Netzwerken in Sicherheit, weil sie anonym oder unter einem Pseudonym unterwegs sind, die Identität des Verfassers können die Ermittlungsbehörden trotzdem herausfinden“, warnt Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen. Wer sich an Hate-Speech beteilige, beleidige und provoziere nicht nur, „er begeht möglicherweise auch eine Straftat“. Ein paar Monate Haft wegen einer Äußerung im Netz seien durchaus möglich.

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„Das Ausmaß der Hasskommentare ist mittlerweile erschreckend“

Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen warnt davor, Hass-Botschaften im Internet zu verbreiten.
Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen warnt davor, Hass-Botschaften im Internet zu verbreiten. © FFS | Oliver Mengedoht

„Das Ausmaß solcher Hasskommentare ist mittlerweile erschreckend.“ Das Internet sei aber kein rechtsfreier Raum. „Deshalb sollte jeder und jede genau überlegen, was er oder sie schreibt und kommentiert“, warnt die Polizeipräsidentin. Hassbotschaften richteten sich oftmals an Politiker und Personen aus dem öffentlichen Leben. „Der Ton ist deutlich rauer geworden“, sagt Landrat Bodo Klimpel (CDU). „Das merken die Kolleginnen und Kollegen im Kreishaus, die häufig Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern haben. Das bekomme ich selbst, aber auch vor allem in Mails deutlich zu spüren. Es gibt allerdings Grenzen. Niemand muss sich anschreien oder beleidigen lassen.“

Das sieht man im Gladbecker Rathaus genau so. Auch Bürgermeisterin Bettina Weist (SPD) hat schon Mails erhalten, in denen der Absender seinem Ärger Luft macht. Es sei eher selten, komme aber auch vor, „dass dabei Grenzen überschritten werden“, so Pressesprecher David Hennig. „Das wird dann aber auch konsequent zur Anzeige gebracht.“ Auch der Gladbecker CDU-Parteivorsitzende Dietmar Drosdzol hat schon Hassbotschaften erhalten. Im Wahlkampf seiner Bürgermeisterkandidatur zur Kommunalwahl seien es deutlich mehr geworden. „Wenn sie Leib und Leben bedrohen, werden sie bei der Polizei angezeigt“, so der Stadtverbandsvorsitzende.

Hassbotschaften betreffen auch ganz normale Menschen

Hassbotschaften können aber nicht nur Promis, sondern „ganz normale Menschen“ betreffen, sagt die Polizeipräsidentin. „Vielleicht, weil die Hautfarbe oder die Religion eine andere oder einfach nur, weil das Geschlecht nicht das gleiche ist.“ Hate-Speech wirke sich auch auf die freie Meinungsäußerung aus, gibt Friederike Zurhausen zu bedenken: „Wegen drohender Hasskommentare sind die Internetnutzer zurückhaltender und bringen seltener ihre Meinung ein. Das ist eine Gefahr für unsere Demokratie - und das dürfen wir nicht hinnehmen“.

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Gladbecker Initiative gegen Hass im Netz

In Gladbeck hat sich die Initiative gleichgesinnter Bürger „Gladbeck ist laut“ gegründet. Als Gegenpol vor allem gegen die Lauten in den sozialen Netzwerken, welche immer die mit den extremsten Ansichten seien. „Unser Ziel ist, dass die leise Mehrheit auch laut wird und mit positiven Aktionen Stellung bezieht gegen jedwede Form von Hass, Hetze und Ausgrenzung in der Gesellschaft“, sagte Mitbegründer Darius Engineer der WAZ.

Anschließen können sich der Gruppe alle Gladbecker, denen es ebenfalls wichtig ist, sich für Toleranz, Respekt und Vielfalt einzusetzen. „Bei uns soll die Aufklärung gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, also zum Beispiel Rassismus, Homophobie, Rechtsextremismus oder Ableismus, im Fokus stehen“, erklärt Darius Engineer. In der Innenstadt wurden dazu schon Aktionen durchgeführt, etwa eine Lichterkette gegen Spaziergänge von Corona-Leugner gebildet.

Simone Steffens, Fraktionsmitglied von Bündnis 90/ Die Grünen in Gladbeck und zuletzt Bürgermeisterkandidatin der Ortspartei, sagt, dass man mit Beleidigungen Andersdenkender in sozialen Netzwerken wohl leider leben müsse. Sie habe da ein dickes Fell, „sobald ich merke, wohin ein unsachlicher Kommentar geht, lese ich garn nicht mehr weiter.“ Sie selbst setze sich eine Grenze, „jemanden nicht leichtfertig mit einem Post anzugreifen, nur weil diese Person eine andere Meinung hat“. Die Lokalpolitikerin appelliert, „jeder sollte sich vor einer Meinungsäußerung überlegen, wo Grenzen überschritten werden und man sich möglicherweise strafbar macht.“

Eine Strafanzeige bei der Polizei ist auch online möglich

Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen rät: „Wenn Sie Opfer von Hate-Speech geworden sind, sollten Sie einen Screenshot des Postings machen und als Beweismittel sichern. Verstößt der Beitrag gegen ein Gesetz, erstatten Sie eine Strafanzeige. Das geht meistens auch online - ohne, dass sie zur Polizei gehen müssen.“ (https://service.polizei.nrw.de/anzeige).