Gladbeck. Ein neues Projekt für einsame Gladbecker Senioren: Sie können mit der Fahrrad-Rikscha einen Ausflug machen. Ehrenamtliche Fahrer werden gesucht.
Die Evangelische Kirchein Gladbeck hat ein besonderes Anliegen. „Wir suchen Rikscha-Fahrer und -Fahrerinnen“, informiert Pfarrer Dietmar Chudaska. Freilich soll mit dem Projekt weder Taxi- noch Transport-Unternehmen Konkurrenz gemacht werden. Es geht um eine ganz spezielle Mission.
„Wir wollen etwas gegen das Alleinsein tun und Menschen in Gladbeck aus der Isolation herausholen, indem wir ein neues Angebot schaffen“, erklärt der ehemalige Superintendent des Kirchenkreises Gladbeck-Bottrop-Dorsten. Zum Beispiel Altenheimen soll der Service angeboten werden, damit nicht mehr selbst mobile Bewohner auf Tour gehen können. Mit Hilfe von Ehrenamtlichen, die sie in der Fahrrad-Rikscha durch Gladbeck strampeln. Um gemeinsam mit Freude an der frischen Luft zu sein und zum Beispiel Orte in Stadtteilen anzusteuern, „wo die Fahrgäste einst aufgewachsen sind, wo sie zur Schule gegangen sind, oder wo sie bis zum Umzug ins Seniorenheim gelebt haben“.
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Ein zum Projekt passendes Therapierad aus den Niederlanden ist bereits bestellt
Er selbst sei auf diese Möglichkeit über den Verein „Radeln ohne Alter“ in Recklinghausen aufmerksam geworden, „da ist man schon mit einer Rikscha unterwegs“, berichtet Dietmar Chudaska. Der Pfarrer konnte so ein Gefährt auch schon selbst begeistert testen, dessen Funktionalität ihn im Vorhaben bestärkte. Die Rikscha, die es werden soll, ist ein stabiles, 95 Kilo schweres Vehikel mit unterstützendem Elektroantrieb, indem frontal zwei Fahrgäste bequem Platz finden. Hersteller ist die niederländische Fachfirma Van Raam, die sich auf Therapieräder spezialisiert hat.
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Der Name des bereits bestellten Modells laute äußerst passend „Chat“, freut sich der Pfarrer. „Denn das bedeutet aus dem englischen übersetzt Gespräch, und das ist unterwegs ja ausdrücklich erwünscht.“ Die Idee, den gemeinsamen „Ausritt“ mit dem Drahtesel zu etablieren, funktioniere aber nur, „wenn wir genügend Ehrenamtliche finden, die bereit sind, in die Pedale zu treten“, sagt Chudaska. Diese Piloten werden selbstverständlich vorher in der Handhabung und Technik der Rikscha geschult. Und: „Die Rikscha wird Vollkasko versichert, so dass eigenverursachte Schäden und die gegenüber Dritten abgedeckt sind.“
Kenntnis der Verkehrsregeln und körperliche Fitness sind Voraussetzung
Start-Voraussetzung ist der Nachweis, dass die ehrenamtlich tätigen Rikscha-Fahrerinnen und -Fahrer die Verkehrsregeln beherrschen, also im Besitz eines Führerscheins sind. „Der für ein Mofa reicht aber schon aus“, so Chudaska. Freilich sollte auch eine gewisse körperliche Fitness vorhanden sein. Denn je nach Eigengewicht, plus dem der Fahrgäste und der Rikscha, könnten schon mehr als 300 Kilo zusammenkommen, „die dann bewegt werden müssen“. Freilich mit Unterstützung des Elektromotors.
Projekt finanziert über Stiftungsgelder
Das Wort Rikscha kommt laut Onlinelexikon Wikipedia vom japanischen Begriff jinrikisha. Zusammengesetzt aus den Wörtern jin = Mensch, riki = Kraft oder Antrieb und sha = Fahrzeug. Eine Erfindung Anfang der 1870er Jahre ursprünglich für Europäer in Tokio gedacht, die die engen japanischen Sänften nicht nutzen konnten. Ausgehend vom Einfall eines anglikanischen Geistlichen, der auf einen Handwagen einen Stuhl setzen ließ.
Die von der Ev. Kirche in Gladbeck angeschaffte Therapie-Rikscha kostet konfiguriert mit Regenschutz mehr als 10.000 Euro. Der starke Elektromotor bietet auch eine Rückfahrfunktion und automatische Anfahrhilfe. Finanziert werden soll das Gefährt zum Großteil über Stiftungsgelder der Stellwerk Stiftung des Ev. Kirchenkreises Gladbeck-Bottrop-Dorsten, die Bank für Kirche und Diakonie und den Förderverein der Kirchengemeinde Gladbeck (Versicherung).
Damit die Piloten unterwegs auch etwas Kraft schöpfen können, „möchten wir gerne, dass Fahrerteams auf Tour gehen“, so der Initiator weiter. Die Rikscha soll von einem nebenher radelnden Zweitpiloten (oder Pilotin) begleitet werden, das hätten auch die Recklinghäuser empfohlen. Zum Ablösen, oder auch als Helfer beim Queren schwer einsehbarer Straßensituationen, oder wenn es mal nötig sein sollte, dass man sich um die betagten Fahrgäste kümmern muss, z.B. während ein Reifen geflickt wird.
Pfarrer Chudaska hofft auf viele ehrenamtliche fahrradbegeisterte Mitstreiter
Auch demente Senioren sollen mitfahren können. Diese sollten jedoch in einer Verfassung sein, dass sie sich selbst nicht gefährden. Generell müsse bei den Mitfahrenden die körperliche Fitness auch ausreichen, sich aufrecht im Sitz halten zu können. Zudem gehalten und geschützt werden alle Rikscha-Fahrgäste von einem Sicherheitsgurt. Dietmar Chudaska erwartet, dass die bestellte Rikscha im Mai ankommt, und nach Schulungen das Angebot Anfang Juni dann Fahrt aufnehmen kann. Für ein regelmäßiges und verbindliches Angebot an Seniorenheimen seien aber genügend ehrenamtliche Fahrradbegeisterte nötig. Der Pfarrer hofft so auf zahlreiche Rückmeldungen unter 95 76 35.