Gladbeck. Für Arbeiten an einem Rückhaltebecken in Gladbeck wurden im Februar Bäume gefällt. Seitdem passiert dort nichts mehr. Das ärgert die Anwohner.
Von „Kahlschlag“ ist oft die Rede, wenn Pächter der Grabelandparzellen am Frochtwinkel, Anwohner oder andere Spaziergänger am Regenrückhaltebecken in diesem Grüngürtel in Zweckel vorübergehen. Von den meisten Bäumen, die dort standen, sind nur Stümpfe geblieben.
15 neue Bäume sollten laut Stadt am Regenrückhaltebecken gepflanzt werden
Im Februar dieses Jahres hatte die Stadtverwaltung angekündigt, dass 28 Bäume gefällt werden müssten. Der Grund: Der Kreis Recklinghausen (Untere Wasserbehörde) habe Reinigungsarbeiten im Regenrückhaltebecken angeordnet. Die für die Entschlammung notwendigen größeren Geräte müssten am Wasserrand aufgestellt werden. Außerdem werde dort eine abwassertechnische Anlage gebaut. Für beide Maßnahmen würden eine Zufahrt und Arbeitsflächen benötigt. Nach Abschluss der Arbeiten, so die Stadt seinerzeit, sollen am Frochtwinkel 15 neue Bäume gepflanzt werden, weiterer Ersatz an anderen Stellen im Stadtgebiet.
„Als die Verwaltung die Fällung angekündigt hat, war ein Großteil der Bäume schon abgeholzt“, sagt Dr. Oliver Schultz. „Es waren auch nicht 28, sondern 30 bis 40, darunter eine große alte Esskastanie.“ Der Biologe wohnt am Frochtwinkel und hat die Arbeiten genau beobachten können. Er ist fast täglich in dem Grüngebiet am nördlichsten Zipfel der Stadt unterwegs und wundert sich: „Die Bäume sind seit Februar weg, aber seitdem tut sich dort absolut nichts mehr.“
Hohe Stümpfe sind stehen geblieben – da kommen große Geräte nicht dran vorbei
Unverständlich ist in seinen Augen auch, dass von den Bäumen hohe Stümpfe stehen geblieben sind. Große Geräte für die Reinigung des Beckens könnten deshalb auch jetzt, nach der Fällung, nicht zum Wasserrand transportiert werden. Oliver Schultz: „Die Stämme ,renaturieren’ außerdem mittlerweile wieder. Ich vermute, dass eine weitere Fällaktion notwendig sein wird.“
Nicht weit entfernt vom Regenrückhaltebecken gibt auf dem Grabelandgelände eine Obstwiese. Dort wurden die abgeholzten Bäume zwischengelagert. Ein Großteil davon ist mittlerweile verschwunden, einige liegen immer noch dort. Und die schweren Maschinen, mit denen die Bäume auf die Wiese gebracht wurden, haben tiefe Furchen hinterlassen. Grabelandpächter sind sauer darüber, denn sie können die zerfurchte Wiese nicht mähen.
Auf Facebook wird heftig über die Fällaktion in Gladbeck-Zweckel diskutiert
Erste Neupflanzungen schon im Herbst
Das offene Becken am Frochtwinkel dient im Verbund mit einem unterirdischen Becken an der Feldhauser Straße als Rückhaltebecken für Regenwasser. Für beide Anlagenteile musste eine neue Genehmigung beantragt werden, die mit Auflagen wie der Entschlammung verbunden war.
Als Ersatz für die abgeholzten Bäume sollen im kommenden Jahr 20 bis 25 Bäume auf der Fläche rund um das Becken gepflanzt werden, weitere zehn schon in diesem Herbst/Winter im Bereich der Beisenstraße.
Nicht nur sie und Oliver Schultz haben Fragen an die Stadtverwaltung. Auch in den sozialen Medien wird das Thema heftig diskutiert. Der monatelange Stillstand auf der Baustelle sei völlig unverständlich, zumal Stadtbaurat Dr. Kreuzer im März auf eine Anfrage des CDU-Ratsherrn Christoph Wiechers die Alternativlosigkeit der Arbeiten betont habe. „Die Entschlammung des Beckens ist eine Auflage der Genehmigungsbehörde. Rechtlich würde bei Nichtbeachtung eine Stilllegung der Anlage mit Ersatzvornahme drohen“, schrieb Dr. Kreuzer seinerzeit. Aus hydraulischer Sicht verringere sich durch den eingelagerten Schlamm der Rückhalteraum. Das führe zu Überlastung des angrenzenden Entwässerungsnetzes. „Das klingt nicht so, als könnte man monatelang warten“, findet Dr. Schultz.
Die Stadtverwaltung äußert sich auf WAZ-Anfrage schriftlich: „Die Arbeiten an dem Becken werden zum Herbst fortgesetzt. Als Erstes wird ein zusätzlicher Betriebsweg erstellt. Diese Arbeiten sind im Oktober/November – aus Rücksicht auf die Vegetation – geplant. Im Nachgang erfolgt die Entschlammung des Beckens. Anschließend erhält das Becken ein neues Auslaufbauwerk, einen Geröllschacht und die Überlaufrinne wird nachprofiliert.“ Diese Arbeiten sollten, so die Verwaltung, voraussichtlich bis Herbst 2022 abgeschlossen sein. Direkt im Anschluss sollen neue Bäume am Becken gepflanzt werden. Zum Abschluss der Maßnahme, auch voraussichtlich im Herbst 2022, „wird die Obstwiese so hergestellt, dass eine Mahd wieder möglich ist. Falls erforderlich, erfolgt auch eine neue Einsaat“.