Gladbeck. Die Stadtspitze in Gladbeck beteuert, die Probleme mit dem Hochhaus Steinstraße 72 ernst zu nehmen. Dennoch wurde ein Bürgerantrag abgewiesen.

Die Spitze der Stadtverwaltung, aber auch die politischen Ratsfraktionen in Gladbeck weisen Kritik an der Ernsthaftigkeit ihrer Bemühungen um Lösungen für die Problemimmobilie Steinstraße 72 zurück. Bürgermeisterin Bettina Weist versicherte am Montag im Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss, die Verwaltung nehme die Probleme „sehr ernst“, und man beschäftige sich „sehr intensiv“ mit den Schwierigkeiten. „Nur wir brauchen hier wirklich einen sehr langen Atem“, sagte Weist. Ordnungsdezernentin Linda Wagner sprach von der „am besten kontrollierten Immobilie der Stadt“ und kündigte weitere Maßnahmen an.

Anlass für eine mehr als einstündige Diskussion im Hauptausschuss war vor allem ein in Form und Länge ungewöhnlicher Bürgerantrag des Hochhaus-Nachbarn Holger Klekar, der mehrere Forderungen stellte, die Stadt möge wegen der Missstände am Problemhochhaus „unverzüglich handeln“. Bei seiner mündlichen Begründung im Ausschuss warf er der Verwaltung „jahrelange Versäumnisse“ seit 2015 im Umgang mit der Situation am Hochhaus vor, durch die „ein rechtsfreier Raum geschaffen wurde“. Der KOD der Stadt fahre bis heute einen „Kuschelkurs“ mit den Problembewohnern. Er verlange, dass gegen die Ruhestörer konsequent vorgegangen werde.

Gladbecks Ordnungsdezernentin Wagner: Wir tun alles, was möglich ist“

Die Problemimmobilie steht im Fokus der Öffentlichkeit – hier die Nachbarn Tobias Stolze (l.) und Uwe Bergmann bei einem Interviewe mit SAT1.
Die Problemimmobilie steht im Fokus der Öffentlichkeit – hier die Nachbarn Tobias Stolze (l.) und Uwe Bergmann bei einem Interviewe mit SAT1. © FunkeFotoServices | Heinrich Jung

Ordnungsdezernentin Wagner betonte, die Stadt unternehme „alles, was möglich ist“, um die Situation in den Griff zu bekommen. Viele Arbeiten würden auch im Hintergrund stattfinden und nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Die Dezernentin berichtete von Kontakten zu den Besitzern der Eigentumswohnungen, mit denen auch über eine Kostenübernahme für die Arbeit des Sicherheitsdienstes gesprochen werde. Man dränge auf eine Eigentümerversammlung, die auf Grund der Corona-Pandemie bislang nicht zustande gekommen sei.

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Wagner berichtete, dass sich der Einsatz des Sicherheitsdienstes (drei bis fünf Tage in der Woche, oft abends) bewährt habe. „Während der Präsenz der Sicherheitsleute ist es ruhiger.“ Wagner kündigte an, dass die Stadt sich um den Kauf einer Wohnung in der Problemimmobilie bemühe, die als Bürofläche für die Sozialarbeiter und für das künftige Quartiersmanagement genutzt werden soll. Bürgermeisterin Weist ergänzte: „So kommen wir auch in das System Haus rein.“ Bei Kontrollen erst am Montag, so die Dezernentin, seien mehrere abgemeldete Fahrzeuge festgestellt, Zwangsgelder des Bauordnungsamtes festgesetzt und eine Geldforderung von der Polizei vollstreckt worden.

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Ein mobile Wache hat nach Einschätzung der Stadt keine Chance auf Realisierung

Eine mobile Wache am Hochhaus zur weiteren Beruhigung – wie von der AfD noch einmal ins Spiel gebracht – räumt Wagner keine große Chancen ein, da die Polizei betont, bei der Steinstraße 72 handele es sich nicht um einen Kriminalitätsschwerpunkt. Tatsächlich bezögen sich die meisten Beschwerden auf Ruhestörungen, „da führt eine mobile Wache eher nicht zum Ziel“, so Wagner, die zugab, dass sich 90 Prozent der Einsätze wegen Ruhestörungen „in Wohlgefallen auflösen, da laufen wir ins Leere“.

Die Fraktionen lehnten den Bürgerantrag am Ende komplett ab, kritisierten die Art und Weise, wie der Antrag gestellt wurde, aber auch die Vorwürfe gegenüber Verwaltung und Politik. Inhaltlich hieß es, die Problematik dieses sozialen Brennpunktes lasse sich nicht „wie eine Lichtschalter“ umlegen, das sei ein langatmiger Prozess (SPD-Fraktionschef Wedekind). Man müsse, so CDU-Fraktionschef Rademacher, „den Druck aufrecht erhalten“ gegenüber denjenigen, die sich nicht an Recht und Gesetz hielten.

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Es läge offenbar ein spezielles Integrationsproblem von Menschen vor, „die sich nicht integrieren lassen wollen oder können“. Diese Problematik, die aus der EU-weiten Freizügigkeit heraus entstanden sei, müsse man auch mit dem Land erörtern, so Rademacher. Auch Grünen-Fraktionschefin Lenz erkannte, dass an der Steinstraße ein strukturelles Problem gelöst werden müsse. „24 Stunden Polizei bringt nichts.“ Linke-Fraktionschef Jung sagte mit Blick auf den Antragsteller, man dürfe nicht alles schlecht reden, was die Stadt unternehme. „Das hilft niemanden.“ Rademacher regte an, den Einfluss der Stadt zu nutzen, um zu schauen, „wer in das Hochhaus zieht“.

Es kommt ein Halteverbot

Einen zweiten Bürgerantrag der Hochhaus-Nachbarn Tobias Stolze und Uwe Bergmann stimmte der Ausschuss weitgehend zu. Sie kritisieren die bislang ungeordnete Parksituation auf Gehwegen und am Straßenrand am Haus Steinstraße 72– auch auf der gegenüber liegenden Seite und regen, um gefährliche Situationen zu vermeiden, Änderungen an. Außerdem plädieren sie dafür, zu schnelles Fahren in Höhe es Hochhauses zu unterbinden.

Die Stadt wird nun vor den Haus Steinstraße 72 ein absolutes Halteverbot einrichten. Gegenüber bleibe das Parken aber weiter erlaubt. Außerdem sollen weitere Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt und temporär die mobile Tempo-Anzeige aufgestellt werden.