Gladbeck. Der Essener Energiekonzern Steag will auf der Mottbruchhalde in Gladbeck nun endgültig den Bau der knapp 200 Meter hohen Ernercon-Anlage starten.

Die Steag AG steht unmittelbar vor dem offiziellen Baustart des Windrads auf der Mottbruchhalde in Gladbeck. Bislang galten die Erdarbeiten als bauvorbereitende Arbeiten. Nun aber sollen die Bauvorbereitungen – ungeachtet der Vorbehalte der Stadt und der anhängigen Gerichtsverfahren – fließend in den Baubeginn münden: Bereits im Verlauf der kommenden Woche könnten die eigentlichen Fundamentarbeiten starten, heißt es vom Essener Energieunternehmen.

Die für den offiziellen Baubeginn noch nötigen zwei Nachweise sollen, „Stand heute“, so Steag-Sprecher Daniel Mühlenfeld zur WAZ, „bis Anfang der kommenden Woche vorliegen, sodass im weiteren Verlauf der kommenden Woche die Arbeiten am Fundament beginnen können.“ Bei den bislang fehlenden Nachweisen handelt es sich um den Beleg einer Sicherheitsleistung wegen eventueller Rückbaukosten und der Standsicherheitsnachweis.

Die Stadt Gladbeck gibt sicher weiterhin reserviert

Schneebedeckt gab sich die Mottbruchhalde vorletzt Woche, als dieses Luftbild entstand. In der Haldenmulde sind die Bauvorbereitungen fürs Windrads zu erkennen.
Schneebedeckt gab sich die Mottbruchhalde vorletzt Woche, als dieses Luftbild entstand. In der Haldenmulde sind die Bauvorbereitungen fürs Windrads zu erkennen. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Die Stadt gibt sich nach wie vor reserviert. „Insoweit die Steag alle Auflagen und Verpflichtungen aus der Baugenehmigung erfüllt, so ist ein weiterer Baufortschritt zu tolerieren. Wir werden allerdings darauf achten, dass dies tatsächlich der Fall ist“, äußerte Stadtbaurat Dr. Volker Kreuzer gegenüber der WAZ. Er verwies auf den Ende November beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eingereichten Eilantrag gegen den „sofortigen Vollzug“ der Baugenehmigung, der bei Gericht allerdings noch nicht erörtert wurde.

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Laut Kreisverwaltung Recklinghausen ist einer der zwei Nachweise für den Baustart bereits erfüllt: Der Beleg über die finanzielle Sicherheitsleistung liege der Genehmigungsbehörde schon vor, das Standsicherungsgutachten noch nicht, so Kreissprecherin Svenja Küchmeister auf WAZ-Anfrage. Werde es vorgelegt, werde es überprüft und der Baubeginn freigegeben. Das könne kurzfristig innerhalb weniger Tage erfolgen.

Entlang der Halden-Auffahrt sollen neun Bäume gefällt werden

Im Januar starteten „bauvorbereitende Arbeiten“ in der Haldemulde zwischen den beiden „Gipfeln“.
Im Januar starteten „bauvorbereitende Arbeiten“ in der Haldemulde zwischen den beiden „Gipfeln“. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Unterdessen laufen die Bauvorbereitungen weiter: Entlang der Zufahrtsstraße hinauf aufs Haldentop sollen neun Bäume gefällt werden, entsprechende Anträge würden derzeit bearbeitet, heißt es von der Stadtverwaltung auf eine AfD-Anfrage. Die bisherigen Bohrungen für sogenannte Rüttelstopfsäulen gingen in Tiefen von rund 19 Metern unter das Geländeniveau des Haldentops. Sie dienen der notwendigen Standsicherheit des knapp 200 Meter hohen Windrads. Laut Steag ist eine Verankerung tief unten im Mutterboden nicht notwendig

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Das Windrad, so der Essener Konzern, ist längst bei „Enercon“, dem größten deutschen Hersteller von Windenergieanlagen mit Sitz im ostfriesischen Aurich, bestellt: Nämlich eine Windenergieanlage des Typs E-138 EP3, so Steag, „eine Anlage der neuesten Generation“. Die Nabenhöhe beträgt 131 Meter, der Rotordurchmesser liegt bei 138,6 Meter. Wenn ein Rotorblatt sich exakt senkrecht über der Nabe befindet, beträgt die Gesamthöhe der Anlage knapp 200 Meter. Diese liege, so das Essener Energieunternehmen, unter dem Durchschnitt der 2018 in Betrieb gegangenen Windenergieanlagen auf dem Festland (onshore).

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Die Steag AG investiert rund fünf Millionen in das Windrad-Projekt

Das Windrad wird zwar in der Mulde zwischen den beiden etwa 100 Meter hohen Haldenspitzen gebaut und damit gut zehn Meter tiefer als die „Gipfel“, aber das ausgefahrene Windrad ragt künftig dennoch knapp 300 Meter über dem Braucker Grund in die Höhe – laut Stadt damit höher als der Kölner Dom und mit „vielfältigen Konflikten“ insbesondere für die Anwohner in Brauck.

Die Steag betont dagegen, dass ein Fachgutachten zu dem Ergebnis komme, dass von der geplanten Anlage auf der Mottbruchhalde „keine optisch erdrückende Wirkung auf Wohnhäuser ausgeht“. Sie sieht auch, anders als die Stadt, keine Beeinträchtigungen für eine Einbindung der Mottbruchhalde mit Windrad bei der IGA 2027. Bereits im Spätherbst 2021 soll die Windenergieanlage fertig sein und in Betrieb gehen. Sie sei ein Beitrag zur Energiewende in Deutschland und deckt den Jahresbedarf an Strom von 3500 Haushalten. Steag investiert nach eigenen Angaben rund fünf Millionen Euro in das Projekt.

Zwei Klagen der Stadt offen

Die Stadt Gladbeck bleibt bei ihrem juristischen Vorgehen gegen das Windradprojekt: Anhängig ist bereits seit März 2019 eine Klage gegen den Kreis Recklinghausen. Die Stadt fühlt sich bei dem Genehmigungsverfahren vor allem in ihren baurechtlichen Standpunkten vom Kreis übergangen. Der neue Rat bekräftigte kürzlich den Klageweg.

Außerdem ist ein Eilantrag der Stadt vom November 2020 gegen den „sofortigen Vollzug“ der Baugenehmigung, den der Kreis dem Projektträger Steag zugestand, noch offen.

Die Steag hat sich trotz der offenen Klagen für den Baustart entschieden. Das Unternehmen sehe den anstehenden juristischen Prüfungen zuversichtlich entgegen, heißt es. Bauherr ist die Gladbeck-Wind GmbH, ein eigens gegründetes Unternehmen im Steag-Konzern.