Gladbeck. Die Schutzimpfungen sind in Senioreneinrichtungen im Kreis Recklinghausen gestartet. Der Aufwand ist insgesamt größer als erwartet.

Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) sieht sich für den Start der Corona-Schutzimpfungen auch in Gladbecker Seniorenheimen gut gerüstet. "Die Resonanz von Ärzten und Medizinischen Fachangestellten war überwältigend, so dass wir alle rund 300 für den Kreis Recklinghausen veranschlagten Stellen besetzen konnten", so Dr. med. Werner Seibel, Leiter der Bezirksstelle Recklinghausen. Der Umgang mit dem BionTech-Impfstoff ist aber nicht so einfach wie angenommen, so dass die Planungen verändert werden mussten. Auch der Aufwand in den Pflegeheimen ist groß. "Wir gehen aber davon aus", so Svenja Küchmeister von der Pressestelle der Kreisverwaltung, "dass wir den Plan halten können, parallel zu den laufenden Einsätzen in den Senioreneinrichtungen das zentrale Impfzentrum für den Kreis in Recklinghausen Mitte Januar öffnen zu können".

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Geimpft wird nach der Prioritätenliste des Robert Koch-Institutes. Zunächst die besonders gefährdeten älteren Menschen in Altenheimen, die sich oft als Corona-Hotspots entwickelt hatten. Ärzte mit Fachpersonal suchen die Einrichtungen derzeit kreisweit auf. In Gladbeck soll hierzu der Impfstart in der ersten Januarwoche erfolgen. Der Anfangsplan sah dann vor, dass mobile Impfteams in den Kreisstädten betagte Bürger im Alter 80-plus daheim aufsuchen, um sie zu schützen. Jetzt sei aber vorgesehen, dass diese - wie alle weiteren 'Normalbürger', "das Impfzentrum aufsuchen", so Svenja Küchmeister. Grund: Der tiefgekühlt angelieferte Impfstoff sei empfindlicher als angenommen und nicht so transportfähig. "Er kann nicht einfach aufgetaut und an die mobilen Teams übergeben werden." Dies müsse am Impfort geschehen. Denn nach dem Auftauen gelte es, "das Vaccin noch impffähig aufzubereiten und mit Kochsalzlösung zu versetzen". Pro Fläschchen könnten so fünf bis sechs Impfdosen gezogen werden.

Wichtige Voraussetzung ist, dass genügend Impfstoff zur Verfügung steht

Voraussetzung, dass die Impfungen zügig von statten gehen, sei auch, "dass genügend Impfstoff zur Verfügung steht", sagt Heike Achtermann, Pressesprecherin der KVWL. Zum landesweiten Impfstart sollten für den Kreis Recklinghausen rund 800 Dosen zur Verfügung stehen, tatsächlich wurden dann nur 184 von der zentralen Vergabestelle des Landes geliefert. Jetzt sei aber deutlich mehr Nachschub angekündigt, so dass für die bislang geplanten Impftermine alles reibungslos laufen sollte. Am Dienstag wurde in einer Marler Einrichtungen weiter geimpft, am Mittwoch waren Heime in Recklinghausen und Dorsten vorgesehen. In Gladbeck gibt es zehn vollstationäre Altenheime mit 994 Plätzen (je 40 bis zu 199), kreisweit sind es 79 Einrichtungen mit 7202 Plätzen.

Die Impf-Organisation erfolge dazu jetzt über die KVWL-Verwaltung in Dortmund. "Die Häuser können sich über unsere Homepage registrieren und dann einen Wunschtermin angeben, wir kümmern uns dann um die weitere Organisation und stellen die Impfteams bereit", so Achtermann. Je nach Einrichtungsgröße könnten das auch mehrere Ärzte sein. Jeder werde von zwei Kräften Fachpersonal unterstützt. Die Kosten übernimmt das Land. Ärzten werden Stundensätze von 150 Euro gewährt, medizinisches Fachpersonal erhält 40 Euro. Ganz so reibungslos scheint die Organisation aber nicht anzulaufen. Er hätte da mehr Unterstützung erwartet, sagt Rainer Knubben, Vorstand des Caritasverbandes Gladbeck. Sein Wunschtermin für den Impfstart im Caritas-Seniorenzentrum St. Altfrid-Haus in der ersten Januarwoche sei zwar bestätigt worden, "aber wir mussten uns selber darum kümmern, dass dann auch ärztliches Personal zur Verfügung steht". Glücklicherweise arbeite man, wie fast alle Einrichtungen, bereits mit Ärzten zusammen, "die sich bereit erklärt haben, die Impfungen zu übernehmen".

Einige Altenheim-Mitarbeiter wollen sich noch nicht impfen lassen

Im Altfrid-Haus leben derzeit 76 Bewohnerinnen und Bewohner. Er sei froh, sagt Knubben, dass hier die Bereitschaft groß sei, sich freiwillig impfen zu lassen. "Für mehr als 80 Prozent liegt schon eine Einwilligung vor". Bei den Mitarbeitern sei die Bereitschaft ebenso hoch. Einige, meist jüngere Kolleginnen, seien jedoch besorgt, dass eine Impfung eine Schwangerschaft gefährden könnte. "Sie wollen noch abwarten." Das gelte es zu respektieren, sagt Knubben, "denn es steht uns nicht zu, darüber zu urteilen, wenn jemand skeptisch ist, Gründe hat, warum man das zurzeit nicht möchte". Mediziner Seibel appelliert, "jeder, der die Chance hat, sollte sich impfen lasen". Die Gerüchte, die Impfung könne eine Schwangerschaft gefährden, entbehrten jeder medizinischen Grundlage, würden von Verschwörungstheoretikern gestreut. "Wir haben auch einen abstrusen Anruf erhalten, dass die Impfstoffzuteilungen bewusst reduziert worden seien, weil Bill Gates nicht mit der Produktion von Mikrochips nachkomme, die zur Kontrolle den Bürger ja mit eingeimpft würden." Tatsache sei, "dass wir froh sein können, dass so schnell ein so gut verträglicher und wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht". Für ihn selbst stehe außer Frage, "dass ich mich impfen lasse, sobald es möglich ist".

Im Impfzentrum des Kreises Recklinghausen kann in zwei Schichten über je sechs Stunden von 8 bis 20 Uhr gearbeitet werden. In den beheizten Zeltbauten, in Recklinghausen auf dem Konrad-Adenauer-Platz, können bis zu neun Impfstraßen eingerichtet werden. Neben dem medizinischen, muss dort freilich auch weiteres Personal zur Koordination und Kontrolle eingesetzt werden. Die Zuständigkeiten zwischen Kreis und KVWL würden derzeit noch geklärt, so Svenja Küchmeister. Bei Vollbetrieb gehe man "von täglich bis zu 2000 möglichen Impfungen aus". Wann welche Alters- oder systemrelevante Berufsgruppe sich zur Impfung anmelden könne, werde rechtzeitig bekannt gegeben. Dies soll auch über die Medien, darunter die WAZ, erfolgen.

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