Gladbeck. In der Schrottimmobilie in Gladbeck sind gefährliche Baustoffe wie Asbest verbaut. Die Entkernung geschieht unter großen Vorsichtsmaßnahmen.
40 riesige Container á 40 Kubikmeter Müll wurden schon herausgeschafft aus der 13-stöckigen Schrottimmobilie Schwechater Straße 38 in Gladbeck . Jetzt geht es bei der Entkernung der Hochhausruine an die gefährlichen Bausubstanzen, die Etage für Etage, Flur für Flur, Wohnung für Wohnung und Raum für Raum abgetragen oder herausgebaut und entsorgt werden. „Eine Riesenherausforderung und eine hochspezielle und auch gefährliche Arbeit“, so Dr. Stefan Henning vom gleichnamigen Ingenieurbüro, das seit Monaten die heiklen Abbrucharbeiten vorbereitet und nun koordiniert und leitet.
Seit dem 26. Oktober wird nach jahrelanger Ungewissheit und ermüdendem Hin und Her endlich in Rentfort-Nord „zurückgebaut“, wie Entkernung und anschließender Abriss auch genannt werden. Einige Tage zuvor wurde das Grundstück gesichert. Zunächst musste ein Riesenhaufen Abfall weggeschafft werden. „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie vermüllt das Haus war“, berichtet Meinolf Klocke von der Firma Linkamp, einer Spezial-Abbruchfirma aus dem Sauerland. „Die Keller waren die reinste Katastrophe, teils stand der Müll zwei Meter hoch.“ Allein zwei Container waren am Ende voller alter Matratzen.
Wohnungen und Keller der Hochhaus-Ruine waren vermüllt
In manchen der 260 Wohnungen fanden die Arbeiter noch Möbel, teilweise ganze Küchenzeilen, „mitunter stand der Topf noch auf dem Herd, als wenn der Bewohner gerade mal die Wohnung verlassen hatte.“ Teppiche lagen noch in vielen Räumen, so Klocke, Geschirr war in den Schränken – obwohl die letzten Mieter schon 2006 das Haus verlassen hatten. In den oberen Etagen fanden die Entsorger viele Räume voller Taubenkot. „Der ist hochtoxisch und muss komplett abgesaugt werden.“ Lieber schweigen will Klocke, der sich mit einem 22-köpfigen Team durch die Etagen arbeitet, von den menschlichen Exkrementen, die man zuhauf in etlichen Wohnungen fand...
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Jetzt geht es Schritt für Schritt an die wichtigste Aufgabe bei der Entkernung: der Entfernung von belasteten Werkstoffen, vor allem von astbesthaltigem Baumaterial: Abwasser-Fallrohre, teilweise Fassadenplatten (oft auf den Balkonen) und alle Böden in den Wohnungen. Eine Heidenarbeit: Denn die asbestbelasteten Bodenplatten wurden seinerzeit beim Bau des Hochhauses überall verlegt – und obendrein mit asbesthaltigem Kleber verarbeitet. Henning: „Das muss alles bis auf den letzten Rest raus.“
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Asbestbelastetes Baumaterial wird in Schutzkleidung entfernt
Die Platten werden unter großen Sicherheitsvorkehrungen abgestemmt und das Klebematerial emissionsarm mit einer Spezialmaschine „abgesaugt“. Jeder Arbeitsbereich wird vorher als Schutzbereich eingerichtet: Ein Unterdruckgerät sorgt dafür, dass keine Faserfreisetzung nach draußen erfolgen kann. Eine dreifache Filteranlage am Druckgerät, so Henning, filtert zudem ausfließende Luft zu 99,995 Prozent. Jeder Raum wird nach dem Entfernen des asbesthaltigen Materials mit Folien nach außen abgedichtet.
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Entfernt werden auch PVC-Böden, die sich in manchen Räumen befinden, aber auch alte Bad- und Küchenfliesen aus den 70ern, die schwermetallhaltig sind. Zur Entkernung gehört ebenfalls der Ausbau sämtlicher Rohrleitungen, Verglasungen, Geländer, Elektroleitungen und des gesamten Estrichs. Bis Mitte Mai sollen diese Arbeiten abgeschlossen sein. Henning: „Am Ende bleiben als entkerntes Hausgerüst nur noch mineralische Baustoffe übrig.“
Der eigentliche Abbruch der Schrottimmobilie erfolgt im Sommer 2021
Unmittelbar danach folgt der Abbruch, so Stadtbaurat Dr. Volker Kreuzer beim Rundgang durch die Hochhausruine. Bis zum Jahresende läuft die Ausschreibung dieser Arbeiten. Die Frage ist: Sprengung oder Abriss mit riesigen Long-front-Baggern. „Das entscheidet der Abrissunternehmer.“ Auf jeden Fall werde anschließend der Bauschutt an Ort und Stelle gebrochen und damit die Tiefgarage verfüllt. Ein möglicher Rest werde an anderer Stelle wiederverwertet.
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Abriss kostet Millionen
Die Abrisskosten werden auf rund 4,9 Millionen Euro geschätzt. Zu stemmen sind sie nur, weil das Land sie mit 1,7 Millionen Euro fördert und auch die Stadt 920.000 Euro dazu tut – und das Risiko trägt, falls es teurer wird.
Der Investor, die Düsseldorfer Implementum GmbH (die schon den Karstadt-Nachfolgekomplex realisierte), steckt rund 15 Millionen Euro in Abriss und die Neubebauung – ein Nahversorgungszentrum mit sieben Geschäften, darunter ein Rewe-Markt und die Drogerie Rossmann.