Gladbeck. Die Bezirksregierung hat ein Handout „Corona-Kommunikation“ an alle Schulen versendet. Die vorgegebenen Positiv-Antworten sorgen für Irritation.
Die Pressestelle der Bezirksregierung hat ein Merkblatt „Corona-Kommunikation“ an alle Schulleitungen verschickt, das auch in Gladbeck für Irritation sorgt. Grund sind die darin aufgelisteten Musterantworten und Empfehlungen, die vorschlagen, sich bei Medien-Anfragen ausschließlich auf positive Aussagen zu beschränken.
„Eltern, die in Sorge um ihre Kinder sind, Lokalpolitiker unter Druck und nicht zuletzt Ihre Kollegen wollen nicht hören, dass Sie Zweifel haben - sondern, dass Ihre Schule ein sicherer Ort ist! Entsprechend sollten Sie diese Botschaft verstärken“, steht unter anderem in dem drei DIN A4-Seiten langen Handout. Oder, dass die Schulleitung bei einer Corona-Infektion und Quarantänemaßnahmen für einzelne Klassen dies als Gelegenheit nutzen könne, „gegenüber den Zielgruppen darzustellen, was Ihre Schule alles unternimmt, um einen für alle sicheren Präsenzunterricht zu gewährleisten“. Mit Nachfragen lokaler Medien sei zu rechnen, die als gute Gelegenheit genutzt werden könnten, die Schule positiv darzustellen, empfiehlt die Bezirksregierung. Die dazu Aussagen-Muster vorschlägt, etwa: „Die enge Absprache zwischen Schule, Schulträger, Gesundheitsamt und Bezirksregierung hat sich zum Schutz aller Beteiligten bewährt.“
Es sei wichtig „nicht um den heißen Breis herum zu reden“
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Werten Gladbecker Schulleitungen das Merkblatt als Bevormundung, oder den Versuche einer Schönfärberei der Corona-Lage? „Wir reden hier bestimmt nichts schön“, sagt Erich-Fried-Rektor Peter Washausen. In der aktuellen Lage wisse doch jeder um das Infektionsrisiko. Und nahezu jede Schule habe damit doch bereits ihre Erfahrungen gemacht, so auch im Austausch miteinander dazu gelernt. Keine Schulleitung wolle Panik verbreiten. Es sei aber wichtig, „nicht um den heißen Brei herum zu reden“. Das sieht Cäcilia Nagel genauso, die als erste Grundschuldirektorin in Gladbeck nach der Schulöffnung vor den Sommerferien eine Corona-Infektion, Abstrichaktionen und Quarantänemaßnahmen bewältigen und diese vor aufgeregten Eltern kommunizieren musste. Die Eltern der Lambertischule mitzunehmen, das Gefühl zu vermitteln, dass nichts verschwiegen und alles getan werde, sei wichtig gewesen, „um nicht das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit zu verlieren“, sagt Nagel.
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„An der freien Waldorfschule brauchen wir so eine Anleitung zur Kommunikation nicht“, sagt Geschäftsführer Stefan Weijers. „Wir sind als Schulleitung selbst in der Lage, die Situation einschätzen und kommunizieren zu können.“ Das sieht der Leiter der Werner-von Siemens Realschule, Daniel Kroll, ähnlich: „Ich hätte das nicht gebraucht“. Und es sei doch auch klar, dass jeder Schulleiter sensibel mit einer Coronalage umgehe und auch in der Außenkommunikation darauf achte, „kein Persönlichkeitsrecht zu verletzten“. Vielleicht gebe es aber auch Schulleiter, „die in der zusätzlichen Belastung durch eine Coronasituation dankbar sind, wenn sie einen Leitfaden zur Hand haben“. So gesehen sei das Merkblatt als positiv gemeinte Unterstützung zu bewerten. Dem stimmen auch Washausen und Nagel zu. „Das Handout ist ja keine behördliche Anordnung, sondern wird auch von der Bezirksregierung als Hilfestellung bezeichnet“, so die Lamberti-Rektorin.
Durchaus gute Anregungen von der Bezirksregierung in Münster
Auch Schulleiterin Anne Frieß findet durchaus gute Anregungen im Merkblatt aus Münster, „zum Beispiel, ruhig auch einmal nach Außen darzustellen, was für eine schwierige Zeit wir an der Schule meistern“, denn der Blick dafür gehe im anstrengenden Alltag intern oft verloren. Ihre Regenbogenschule sei zum Beispiel auch während der Osterferien zur Notbetreuung geöffnet gewesen. Und in den Sommerferien habe sie nur eine Woche Urlaub gemacht, „um die generelle Schulöffnung und Einschulung gut vorzubereiten“, so die Rektorin.
Auch wenn mittlerweile „die Hälfte aller Schulen im Regierungsbezirk von Corona betroffen sind“, die Epidemie dort mehr in die Breite gegangen sei , „ist das Merkblatt nicht politisch motiviert“, und man wolle damit „nichts schönfärben“ oder „Formulierungen vorschreiben“, unterstreicht der Verfasser des Handouts, der Pressesprecher der Bezirksregierung Münster, Ulrich Tückmantel. Man habe vielmehr aufgrund der aktuellen Lage „eine Vielzahl von Anfragen von Schulleitern gehabt, wie sie mit der Coronasituation umgehen sollen“. Für diese Fälle habe die Bezirksregierung mit dem Merkblatt eine Hilfe und Anregungen anbieten wollen, „wobei man die vorgeschlagenen Formulierungen nutzen kann, aber nicht nutzen muss“.