Gladeck. 163 Bürger, darunter Gladbecker, klagten gegen Corona-Maßnahmen. Das Verwaltungsgericht rechnet auch in Zukunft mit weiteren Klagen.

Wer heute über zentrale Einkaufsstraßen schlendern will, darf sich nicht ohne Schutzmaske bewegen. Die meisten Bürger halten sich an die strengen Regeln, die auch die Stadt Gladbeck im Zuge der Corona-Schutzverordung für die Bevölkerung aufgestellt hat. Doch Richterinnen und Richter am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen spüren, dass der Widerstand gegen Maßnahmen auch im gemäßigten Lockdown zunimmt . Zwischen März und November gingen 163 Klagen auch aus Gladbeck bei dem Gelsenkirchener Gericht ein. Klägerinnen und Kläger wehren sich gegen Auflagen, halten sie für übertrieben, fühlen sich eingeschränkt in ihrer persönlichen Entscheidungs- und Bewegungsfreiheit.

Der Pressesprecher des Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen, Wolfgang Thewes.
Der Pressesprecher des Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen, Wolfgang Thewes. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Überwiegend haben es die Kammern mit Eilverfahren zu tun, in denen Kläger einstweiligen Rechtsschutz begehren. „In den meisten Fällen“, weiß Pressesprecher Wolfgang Thewes, „richten sich die Klagen gegen Quarantäne-Anordnungen und die Maskenpflicht “. Die Gerichte müssten im Rahmen des Abwägungsprozesses darüber entscheiden, „was Bürgern an Einschränkungen zugemutet werden könne“. Überragende Bedeutung habe bei der Frage der Verhältnismäßigkeit von Entscheidungen auch die Zunahme der Zahlen. So sieht Thewes das öffentliche Interesse oft auch schwerer gewichtet als das Einzelinteresse.

Die meisten Anträge wurden zurückgewiesen

Die Liste der Einschränkungen, die Bürger nicht akzeptieren wollen, ist lang. Mal geht es um die Schließung von Gastronomie- und anderen Dienstleistungsbetrieben, mal um Versammlungsverbote, die Beeinträchtigung von Prüfungen beim Berufseinstieg oder auch um Betreuungszeiten in Kindertageseinrichtungen wie um Besuchsrechte in Pflegeheimen. Die meisten Anträge wurden von verschiedenen Kammern zurückgewiesen oder an das Oberverwaltungsgericht verwiesen, wenn Kläger die Corona-Schutzverordnung generell nicht akzeptierten.

Zunahme von Klagen wird erwartet

Im Verwaltungsgericht rechnet man in den nächsten Wochen mit einer Zunahme an Klagen. Das Gericht, berichtet, Presserichter Wolfgang Thewes, sei in der Lage, effektiven Rechtsschutz zu gewähren und zeitnah zu entscheiden.

Der Sitzungsbetrieb im Verwaltungsgericht läuft normal weiter . Der elektronische Rechtsverkehr ermöglicht den Richterinnen und Richtern mit dienstlichen Laptops auch die Arbeit im Home-Office.

So scheiterten besorgte Eltern beispielsweise mit ihrer Klage, ihr Kind von der Schulpflicht befreien zu lassen. Keinen Erfolg hatte zunächst auch ein Bordellbesitzer, der wegen Schließung seiner Einrichtung die Grundsteuer erlassen bekommen wollte. Zurückgewiesen wurden auch die Klagen gegen die Anordnung von Coronatests wie auch gegen die Allgemeinverfügung durch die Stadt Gladbeck und anderer Städte zu Kontaktverboten. Abschminken konnte sich ein Sportfreund die Nutzung eines Segelbootes auf dem Vereinsgelände, das er auch in Coronazeiten bewegen wollte. Auch zu einer nachträglichen, nicht genehmigten Nottrauung in einer katholischen Kirche konnte das Gericht dem Brautpaar nicht verhelfen.

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Ein Obdachloser konnte einen Teilerfolg erzielen

Einen Teilerfolg hatte ein Obdachloser erzielt, der in einer Schlafstelle auf einen Abstand von 1,50 Meter zum Mitbewohner bestand. Das Gericht gab ihm Recht, auf den Abstand bestehen zu können, schloss allerdings seinen geforderten Aufenthaltsanspruch auch tagsüber aus. Für Eltern eines schwerstbehinderten Kindes hatte sich der Weg zum Gericht ebenfalls gelohnt. Das Kontaktverbot wurde teilweise aufgehoben. Die Eltern dürfen ihr Kind täglich drei Stunden besuchen, müssen aber eine Schutzmaske tragen.

Ein besonders voreiliger Gelsenkirchener Bürger wurde vom Gericht ausgebremst. Er hatte schon in Voraussicht möglicher Ausgangssperren in Gelsenkirchen gegen eine gar nicht erfolgte Verfügung durch die Stadt geklagt. Seinen Antrag wies das Verwaltungsgericht als unzulässig zurück.